Denkmaltag: „Düsseldorf ist eine puristische Stadt“

Farbe ist das Motto am Sonntag. Denkmalschützer Heimeshoff erklärt, warum das für Düsseldorfs Denkmäler nicht zutrifft.

Denkmaltag: „Düsseldorf ist eine puristische Stadt“
Foto: David Young

Düsseldorf. Die Idee für den Tag des offenen Denkmals war, dass die Bürger ihre Gebäude öffnen. Das trifft längst nicht mehr zu. Aber auch das diesjährige Motto „Farbe im Denkmalschutz“ findet sich in Düsseldorf nur selten. Ein Gespräch mit Denkmalschützer Jörg Heimeshoff.

Denkmaltag: „Düsseldorf ist eine puristische Stadt“
Foto: David Young

Herr Heimeshoff, der Tag des offenen Denkmals am Sonntag hat das Motto: „Farbe bekennen“. In Düsseldorf zeigt sich da recht wenig. Ob das Ratinger Tor oder Schloss Garath, Düsseldorfs Denkmäler sind weiß oder steingrau. Wie kommt es zur Auswahl des schneeweißen Ratinger Tors?
Jörg Heimeshoff: Das Thema wird von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für das ganze Land vorgegeben. Es war für uns schwierig, Beispiele zu finden. Die Häuser leben oft nur durch den Kontrast der Materialien. Den Rot-Weiß-Kontrast zwischen Klinker und weißem Putz oder Grau-Weiß zwischen Stein und Putz findet man überall.

Eine Akademiestudentin meint keck, Düsseldorf sei „protestantisch“ im Aussehen. Warum ist das so?
Heimeshoff: Ich habe lange nach einer Erklärung gesucht und bin auf den Aufklärer Johann Joachim Winckelmann gekommen. Dessen Theorie von den weißen Gebäuden der Antike hatte großen Einfluss auf den Klassizismus mit den hellen Farben. Und Düsseldorf war einst eine klassizistische Stadt. Das Paradebeispiel ist das Ratinger Tor. Selbst im 19. Jahrhundert herrschte der Purismusgedanke. Das heißt, man schlug die Farbe ab. Selbst St. Margareta in Gerresheim hatte keinen Putz mehr. Die Farbfassung ist eine Rekonstruktion, nachdem man in den Winkeln Farbreste gefunden hatte.

Gibt es in Düsseldorf eine Tradition des Purismus in der Farbgestaltung von Häusern?
Heimeshoff: Es gibt eine Tradition in der relativ zurückhaltenden Farbigkeit in Weißgrau oder leicht gelblich. Das ist die Bautradition. Ein bisschen mehr Farbe kam ja in den 1920er Jahren auf. Das zeigt sich in Oberkassel etwa im Eckhaus Cimbernstraße/ Düsseldorfer Straße, da ist der Putz orangerot gefärbt.

Oberkassel hat in den Jugendstilhäusern leichte Ansätze zur Farbe. Wie kam es dazu?
Heimeshoff: Wir haben sehr viele Farbbefunde an Wohnhäusern aus dem 19. Jahrhundert und festgestellt, dass sie entweder aus dem Zementton Hellgrau bestanden. Dann waren sie oft ganz hell angestrichen. Wenn Naturstein an der Fassade vorhanden ist, etwa im Sandsteinsockel, wurde die Farbe aus dem Ton des Steins abgeleitet. Bei einem gelblichen Sandsteinsockel wurde manchmal der Putz etwas gelb abgetönt, bei einem grünlichen Dolomit kam ein leichtes Grün vor. Aber die Häuser waren im Grunde recht hell von der Optik, meistens weiß grau oder in den leichten Brechungen, passend zum Naturstein.

Der Tag des Denkmals gibt ja Anregungen zur individuellen Hausgestaltung. Was würden Sie da für die Gegenwart nennen?
Heimeshoff: Neubauten kann man beliebig anstreichen, sofern das nicht durch irgendeine Gestaltungssatzung ausgeschlossen ist. Der Bauherr ist da relativ frei, auch kräftigere Farben zu benutzen.

Gibt es Geschmacksvorgaben?
Heimeshoff: Geschmack gibt es natürlich. Aber wer beurteilt, ob es guter oder schlechter Geschmack ist? Heute kann jeder tun und lassen, was er will, wenn er nicht gegen bestimmte Vorschriften verstößt.

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