Der Folterkeller an der Kö

In „Herrschaft der Gewalt“ wird beschrieben, wie die Nazis 1933 in Düsseldorf die Macht übernahmen.

Die Reuterkaserne neben der Kunstakademie, der Keller unter der Schlegelbrauerei an der Haroldstraße oder der Keller der ehemaligen Mitteldeutschen Bank an der Königsallee 21: Orte, an denen man heute achtlos vorüber geht, waren vor 80 Jahren Orte der Gewalt.

In privaten Kellern und stillgelegten Anlagen richteten die Nationalsozialisten 1933 ihre Folterräume ein. „Die Gefangenen, meistens Arbeiterfunktionäre, mussten Tag und Nacht sitzen bleiben“, beschreibt der politisch engagierte Maler Karl Schwesig den „Schlegelkeller“. Am 11. Juli 1933 wurde der kleinwüchsige Künstler dorthin verschleppt. „Mit einer verrosteten Schere wurde mir das Haar abgeschnitten, dass die Kopfhaut blutete. In die Haarstoppeln wurde mit einem Rasierapparat trocken ein Hakenkreuz einrasiert.“ Es folgten Schläge.

In dem 66 Seiten starken Buch unter dem Titel „Herrschaft der Gewalt“ stellen die Historiker Bastian Fleermann und Hildegard Jakobs — anlässlich des 80. Jahrestages — die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 in Düsseldorf dar. Dafür benutzen sie viele persönliche Dokumente und Material aus Zeitzeugeninterviews. „Besonders wichtig war uns die Anschaulichkeit“, sagt Hildegard Jakobs. Ein Geschichtsbuch, das vor allem auch Jugendliche ansprechen soll, dürfe nicht vor Fußnoten wimmeln wie eine Doktorarbeit. Eine Zeittafel am Ende des Buches hilft, den Überblick zu bewahren.

Eindrucksvoll schildern die Autoren die Ereignisse von Januar 1933 bis zum Sommer. Die Zeit, in der „eine kultivierte Kunst- und Gartenstadt fällt und zu einem totalitären Ort wird“, wie Fleermann, der Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, es formuliert. Binnen weniger Wochen herrschte in der Stadt eine „Atmosphäre der Angst, Einschüchterung und Gewalt“.

„Herrschaft der Gewalt“ ist der zweite Band der „Kleinen Schriftreihe“ der Mahn- und Gedenkstätte. Für November ist ein dritter Band geplant. Darin soll es um die Düsseldorfer Synagogen gehen. „Das große Ganze in Bezug auf die Geschichte kann man heute über das Internet abrufen. Aber was in Düsseldorf passiert ist, das kann man eben nicht so einfach erfahren“, erläutert Fleermann die Intention der Reihe.

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