Die fantastischen Farbfrüchte des Benjamin Houlihan

Der Künstler nutzt keinen Pinsel für seine Werke, er mischt Industriefarben und Polyurethan mit einem Quirl.

Die fantastischen Farbfrüchte des Benjamin Houlihan
Foto: Helga Meister

Düsseldorf. In der Düsseldorfer Kunstszene zeigt sich ein Trend bei einigen Künstlern, den boomenden Bildermarkt zu torpedieren. Sie schaffen „Bilder“, ohne zu malen. Auf der aktuellen Art Cologne hängte Seb Koberstädt (37) neben klassische Gemälde von Dirk Skreber einen riesigen Rahmen, den er selbst gezimmert, verfugt und verleimt hatte.

Auf dessen Hintergrundwand aus Rigips ließ er eine Kerze so raffiniert abbrennen, dass ihre Ruß- und Wachsspur das Bild diagonal zerschnitt. Mit minimalsten Mitteln war hier eine ungeheure Kraft zwischen den Eckpunkten des Rahmens erzeugt worden. Das jüngste Beispiel ist Benjamin Houlihan (39), der in der Galerie Dirk Hartmann mit Farbfrüchten aus Kunststoff auftrumpft.

Houlihan ist gelernter Steinmetz, der ohne Abitur, aber mit der Begabtenförderung des Bundes auf die Akademie kam und in der Bildhauerklasse von Georg Herold fast nur zeichnete. Houlihan ist nicht der Typ eines Superstars. Doch der Professor hielt zu seinem Schüler. Und der ließ sich Zeit.

Er baute den körperlosen Schatten unter einem Tisch in Polyester und Glasfaser nach, bestrich den Körper mit glänzendem Lack und stellte ihn in der Tunnelröhre des KIT aus. Oder er skelettierte ein Klavier so lange, bis es fast keinen Körper mehr hatte, und präsentierte ihn über den Verein 701 in der Bauruine des Kö-Bogens über dem Modehaus Breuninger. Berühmt aber wurde er, seit er mit Polyurethanschaum hantiert.

Polyurethan (PU) dient im Alltag zum Verschalen und Verfugen. Houlihan liebt das Material. Er sagt: „Damit kann ich schnell und unkompliziert Volumen erzeugen.“ Er konstruierte 2010 aus PU—Schaum die erste Kolossalfigur, die das Kunstmuseum Bonn ankaufte. Seitdem wendet er diesen Kunststoff für „skulpturale Bilder“ an.

Den beiden Komponenten des Polyurethan fügt er Industriefarben hinzu, die er mit der Bohrmaschine im Eimer quirlt. Bald nach dem Mischen quillt das Material. Dann hat er noch zehn Sekunden Zeit, um den Zufall zu steuern und die Masse zu schieben. Die erkalteten Klumpen, die Früchten ähneln, verschraubt er auf der Leinwand.

Das Ergebnis ist eine prächtige, ungeheuer sinnliche Farbkomposition aus gegossenen Teilen. Jede Farbe wirkt wie schaumig geschlagen und in glänzenden Tönen erstarrt. Manche Verbindung von Eierschaum und Himbeerweiß könnte vom Konditor stammen. Zuweilen erinnern die Farbtöne an die Sonne von der Westküste Amerikas.

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