Kunstpalast-Ausstellung Erika Kiffl: Diskrete Beobachterin der Kunstszene

Seit Jahrzehnten fotografiert Erika Kiffl Künstler in ihren Ateliers. Jetzt zeigt sie im Kunstpalast hundert Fotos von Ai Weiwei bis Gerhard Richter.

Düsseldorf. Erika Kiffl ist längst eine Legende im Düsseldorfer Kunstbetrieb. Auf leisen Sohlen bewegt sie sich durch die Ateliers, als wolle sie die Künstler nicht stören, die sie im Fokus der Kamera hat. So war dies zumindest in der Hochzeit der Bildkunst, in den 1980er und 1990er Jahren, wo ihre berühmten Serien entstanden. Sie lichtete die Leute schon bei der Arbeit ab, als sie noch keine Stars waren und die Neugierige hereinließen.

So hielt sie sie alle fest, Graubner und Lüpertz, Tadeusz und Hoehme, Heerich und Honert. Selbst bei Ai Weiwei schneite sie 1995 in Peking ins Atelier, wo allerdings kaum etwas zu sehen war. Nun zeigt sie hundert Fotos unter dem Titel „Von Ai Weiwei bis Gerhard Richter“ im Museum Kunstpalast.

Die Fotografin gehört gleichsam zum Haus, denn sie ist Mitbegründerin des Afork, des Archivs künstlerischer Fotografie der rheinischen Kunstszene. Ihr damaliger Mentor Stephan von Wiese hat ihr mit Ausstellungen von „Treibhaus“ im später abgerissenen Anbau am Ehrenhof die Wege geebnet. Diese alternativen Schauen mit ihrer offenen, werkstatt-ähnlichen Atmosphäre waren ihr am liebsten. Sie hielt die prozesshafte Kunst mit all ihrem damaligen Chaos fest, eine Milieuschilderung als Beweis für den Bestand des Vergänglichen.

Sie notierte stets das Milieu des Provisorischen, Unperfekten. Es interessierte sie nicht die wasser- und luftdicht gerahmten und verglasten Werke, deren Ablichtung ein ganz anderes Equipment erfordern als ihre Handkamera. Sie hielt liebend gern die Rundgänge der Anfänger in der Kunstakademie fest, als es noch viel Unschuld in den Klassen gab. Die heutigen Massenveranstaltungen, bei denen sich mehr als 40 000 Besucher durch die Säle drängeln, sind nicht mehr nach ihrem Geschmack. Sie wollte lieber in Ruhe, fast schon meditativ ihre Bilder schießen.

Ihre Aufnahmen haben sich in all den 60 Jahren ihrer fotodokumentarischen Arbeit kaum geändert. Vielfach liegt ein sonniges Tageslicht über den Kunstwerken, die früher vielfach dreidimensional waren. So konnte das Licht die Gegenstände abtasten. Die Räume im alten Kunstpalast waren ideal für sie, hoch und mit einer Glasdecke versehen, so dass die Sonne alles bestens zur vollen Wirkung brachte.

Eine Chronistin ohne Auftrag war sie. Das ist umso verwunderlicher, als sie aus der Auftragsfotografie kam. Sie hatte bei Walter Breker Gebrauchsgrafik studiert, bei Joseph Fassbender in Krefeld die Werkkunstschule besucht und Gestaltung und Schrift gelernt. Sie bekam eine Grafikerstelle bei der Mode-Zeitschrift „Elegante Welt“ und wurde fünf Jahre später Buyerin in der Werbeagentur Team.

Dort traf sie auf Fotografen wie Helmut Newton oder Frank Horvat und leckte Blut. 1964 machte sie für die Elegante Welt ihre erste Reportage über den Bahnhof Rolandseck, die jetzt auch in der Ausstellung erscheint. Die Werbeagentur zog in die Corneliusstraße, und um die Ecke am Fürstenwall befand sich Gerhard Richters Atelier. Ein Stück weiter arbeitete Günther Uecker, und gegenüber lag das Quartier von Klaus Rinke.

Und so stiefelte sie mit der alten Rollei im 6 x 6-Format durch die Gegend. Sie hielt die Kamera damals vor den Bauch und hatte so schon eine Distanz zum Auge, oder genauer, zu beiden Augen, denn sie schaut natürlich mit beiden Augen in den Sucher.

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