"Felix Krull": Führmanns One-Man-Show

Innerhalb von 75 Minuten spielt der Schauspieler Episoden aus Thomas Manns „Felix Krull“.

Düsseldorf. Sie giert danach, geschlagen und betrogen zu werden. Aber nicht von ihrem reichen Mann wünscht sie wüste Behandlung, sondern von dem Liftboy Felix — einem Knaben von kräftiger Statur und weicher Haut. Das liebt Madame Houpflé — zumindest in „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“. Der Abenteuer- und Schelmenroman, den Thomas Mann 1954 (ein Jahr vor seinem Tod) beendete, hat es Moritz Führmann angetan. Der Schauspieler gibt nun im Kleinen Haus am Gründgens-Platz einige Episoden aus dem Leben des Mann-Opus’ zum Besten.

Ein Steinwayflügel, ein Pianist in Frack ohne Fliege, eine Kleiderstange mit schwarzen Anzügen und ein Folien-Spiegel, der in den pausenlosen 75 Minuten zum Zerrspiegel für den Sohn eines Schaumweinfabrikanten wird. Mehr benötigen Führmann und Regisseurin Nora Schlocker nicht — für eine One-Man-Show, die sicherlich nicht die Weltfülle des Romans erreicht, dafür aber komische und traurige Seiten eines vereinsamten Überlebenskünstlers zeigt. Dabei schlüpft Führmann in zahlreiche Rollen, mimt den Titelhelden, dann wieder den Hoteldirektor, später seine betuchte Gönnerin. In Schwyzerdütsch, Französisch, Englisch oder Balkandeutsch, regionale Dialekte inklusive. Virtuos mischt das Multitalent Führmann die ausschweifende Sprache des Nobelpreisträgers Thomas Mann mit athletischem Körpertheater, zieht sich an und aus, verdreht sich akrobatisch vor dem Spiegel und erreicht so eine melancholische Parodie.

Die Episoden folgen nicht immer der Chronologie des Buches, sondern springen vor und zurück. Zu Beginn rauschen Akkorde aus Rachmaninows Zweitem Klavierkonzert und Lohengrin-Ouvertüre durch den Raum, dann trällert Führmann, alias Krull, „Allein, wieder allein“ und „Fesche Lola“. Operetten-Unseligkeit, die Krull als Pennäler zeigt, der sich nach dem Tod des bankrotten Vaters nach Paris absetzt und zum Pagen in einem Luxushotel avanciert. Lebendig wird die Geschichte des Liftboys, der seinen Gefälligkeitszauber ausbreitet und zum Liebling des mit Schmuck überladenen Publikums wird. Dass er Madame Houpflé bestiehlt, entsetzt Letztere nicht. Nein, es stimuliert sie noch in ihrer Wolllust.

Zwischendurch eine Rückblende: Er zappelt und kriecht auf dem Boden — eine Szene, die an die Vortäuschung eines epileptischen Anfalls erinnert. Mit diesem berühmt gewordenen Trick schaffte es Romanheld Krull, sich vor dem Wehrdienst zu drücken.

Fazit: Eine geschickt montierte Folge von szenischen Petitessen, die Lust darauf machen, den Roman (noch) einmal zu lesen.

WZ-Wertung:

Stück: Drei von fünf Punkten

Inszenierung: Drei von fünf Punkten

Schauspieler: Fünf von fünf Punkten

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