Gute Zeiten für Geisteswissenschaftler

Studenten bringen heute schon viele Fertigkeiten mit, die fürs Berufsleben wertvoll sind. Außerdem hilft die Uni nach.

Gute Zeiten für Geisteswissenschaftler
Foto: S. Lepke

Düsseldorf. Jeder Geisteswissenschaftler, ob Historiker oder Germanist, muss sich mit ihnen herumschlagen. Regelmäßig. Diesen unsäglichen Nachfragen der Menschen, die sich nach seinem Studienfach erkundigen. Die Mehrheit forscht noch mit einigermaßen ehrlichem Interesse: „Und was macht man dann damit?“ Andere liefern direkt eine Antwort mit, weniger interessiert, dafür süffisant, manchmal auch ein wenig gehässig: „Wirst du Taxifahrer?“

Dabei liegen jene Zyniker völlig falsch, meint Susanne Brandt, Dozentin für Neuere Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität und Studentenbetreuerin. „Die Berufsperspektiven für Geisteswissenschaftler, besonders für Historiker sind sehr gut“, sagt sie und will damit Vorurteile vom Tisch fegen.

Schließlich ginge es in den Seminaren und daheim nicht nur darum, staubige Bücher zu wälzen und längst Vergangenes zu diskutieren. Das Geschichtsstudium vermittele Kompetenzen, die in vielen Branchen gefragt seien, vom Journalismus über Marketing bis hin zur Arbeit in der Personalabteilung.

Selbstständig zu recherchieren zum Beispiel. Verlässliche von unverlässlichen Informationen zu trennen, sie für verschiedene Zielgruppen verständlich aufzubereiten und ansprechend zu präsentieren. Ganz abgesehen von der Bereicherung durch den interkulturellen Austausch.

„Die Studenten lernen Sprachen, studieren osteuropäische Geschichte oder haben Modernes Japan als Nebenfach“, sagt Brandt. So erhielten sie etwa ein Gespür, welche historischen Ereignisse noch heute Bedeutung für ein Land haben und die Mentalität vor Ort prägen.

Doch so viele Vorzüge der Lehrplan auch haben mag — dass die heutigen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt darüber hinaus ganz spezifisch berufsbildende Maßnahmen erfordern, ist auch bis zur Heine-Uni vorgedrungen.

Eine solche Maßnahme der Hochschule ist das Kubus-Programm, das aus drei Stufen besteht: eine Ringvorlesung im ersten Semester, bei der verschiedene Gäste aus ihrem Berufsleben berichten, Workshops zu Hörfunkjournalismus oder Fernsehen im zweiten Semester, zum Schluss das Praxisforum, in dem Studierenden ihre Erfahrungen und Wünsche untereinander austauschen.

Und gerade im Rahmen dieses Forums hat Susanne Brandt schon oft staunen müssen. „Ich bin erstaunt, was die Studenten mit Anfang 20 teilweise schon alles gemacht haben.“ Im Lebenslauf seien zig Praktika zu finden, sie hätten Nebenjobs oder arbeiteten in ihrer Freizeit als Ehrenamtler. „Nur ist vielen gar nicht bewusst, dass dies wertvolle Qualifikationen sind.“ Dort setzt Kubus an, will die Reflexion über persönlichen Fähigkeiten und Potenzial ermöglichen.

Einzige Voraussetzung: Eigeninitiative. Daran gibt es eben kein Vorbeikommen, meint Brandt. Ebenso wie das ins Studium integrierte Pflichtpraktikum verlangt Kubus von den Studenten, dass sie sich selbst informieren und motivieren. Die Mehrheit jedoch sei bereit dazu. Weil sie sich des Drucks bewusst sind, der auf ihnen lastet. „Sie sollen jung sein, erfolgreich im Studium, viele Erfahrungen machen und gleichzeitig billig sein“, weiß Brandt.

Kein leichtes Unterfangen, all dies gleichzeitig zu bewerkstelligen. Doch Brandt ist optimistisch. „Das Bewusstsein für die eigene Verantwortung ist gewachsen. Für uns gehört es dazu, ihnen Mut zu machen, ihren Traum zu verfolgen.“

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