Kulturprojekt Junge Flüchtlinge haben eine Performance entwickelt

Der Verein Kabawil bindet die Geflüchteten in Kulturprojekte ein. Premiere von „Die Agonisten“ am 4. Dezember im Juta.

Kulturprojekt: Junge Flüchtlinge haben eine Performance entwickelt
Foto: Birgit Hupfeld

Düsseldorf. Er ist 15 Jahre alt, stammt aus Somalia und ist nach Düsseldorf geflohen, ohne Pass - und ohne seine Mutter. Sie, in Ghana aufgewachsen, die Eltern Künstler, kennt das Leben in fremden Ländern. Ein dritter der insgesamt 19 jungen Frauen und Männer ist ein Flüchtling aus Syrien. Ihre Geschichten sind verschieden, ihre Ängste und Hoffnungen auch. Jetzt haben sie ein gemeinsames Ziel: Am 4. Dezember stehen sie zusammen auf der Bühne.

Der Düsseldorfer Verein Kabawil bietet ihnen mit einem Tanz-Musik-Projekt im FFT Juta einen Raum, sich zu präsentieren. „Wir glauben an die Transformation der Gesellschaft durch Kunst“, erklärt Leonie Kubigsteltig die Motivation des Vereins. Sie ist die neue künstlerische Leiterin und hat mit den 15- bis 29-Jährigen seit dem Sommer „Die Agonisten“ entwickelt.

Dabei schreibt sie eine Menge Handy-Nachrichten, um alle beisammen zu halten. „An Tagen, an denen es ihnen schlecht geht, kommen sie nur schwer aus dem Bett.“ Sie telefoniert mit Betreuern und schwört die Gruppe auf Zeiten ein, am Wochenende etwa von 10 bis 18 Uhr. Die Umstände sind mehr als verschieden: Einige leben in Erstaufnahmelagern der Diakonie, andere in Wohngruppen.

Diversität ist ein Wort, das die Theaterwissenschaftlerin und ausgebildete Tänzerin Kubigsteltig häufig benutzt. Es stehe für Kabawil, für diese jungen Menschen und das, was sie in ihrer neuen Stadt vorfinden. Die Gruppe hat sich gegenseitig Fragen gestellt wie: Wer bekommt was mit welchem Recht? Wie werden Güter in diesem Land verteilt?

Und dann sind sie losgezogen, haben Obdachlose interviewt, in Garath einen Vertreter der Republikaner getroffen. „Aus diesen Interviews haben wir Musik geschrieben, und dabei die Wörter und die Intonation genau aufgegriffen“, beschreibt Kubigsteltig den Entstehungsprozess. „Unsere Leute bekommen ja mit, dass sie nicht alle hier willkommen heißen.“ Aus zwölf Stunden Material ist eine gut einstündige Performance entstanden. Die Theatermacherin ist sich ihrer Grenzen wohl bewusst. „Ich versuche damit keine Antworten zu geben, sondern Gedanken anzustoßen.“ Und doch bemerkt sie, wie ihre Protagonisten sich im Laufe der Proben verändert haben. „Anfangs haben sie sich nicht mal untereinander angefasst. Jetzt sind sie ruhiger, disziplinierter.“

Bei einem öffentlichen Training im Tanzhaus haben sie sich mit fremden Partnern durch den Raum bewegt, sagt Kubigsteltig, die ihre Aufgabe auch als soziale Arbeit versteht. „Wir müssen Leute ausbilden, die eine Mittlerfunktion übernehmen und andere begleiten können.“ Eine Verantwortung, die sie ihrer Gruppe in einigen Jahren zutraut.

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