Klangraum 61: Künstler laden zum genauen Hinhören

Im Klangraum 61 wollen Düsseldorfer Komponisten Neugierigen die Ohren für Neue Musik öffnen. Anschließend gibt es Gespräche.

Klangraum 61: Künstler laden zum genauen Hinhören
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Im Klangraum 61 schaut der Besucher nach draußen, durch ein Schaufenster. Busse, Autos, Passanten. Es ist beinah wie in einer Video-Installation. Auf der Mettmanner Straße 61 — früher ein Ladenlokal, in dem Lebensmittel verkauft wurden — locken seit einigen Monaten Düsseldorfer Komponisten zu Konzerten. Aber keine Panik! „Hier hört man nicht nur schräge Töne“, sagt Miro Dobrowolny.

Der Begründer des außergewöhnlichen Klangraums ist gleichzeitig als Tondichter auch Vorsitzender der Gruppe „Musik 21“. Er meint: „Wir spielen neue und Alte Musik, also auch aus Renaissance und Früh-Barock.“ So ziert neben einem Flügel der Firma Schimmel auch der Nachbau eines Cembalos den 70-Quadratmeter-Salon.

Ermöglicht durch eine Sponsorin, erklärt Dobrowolny. Seit einiger Zeit versuchen er und einige Klangkünstler-Kollegen hier, die Ohren von Neugierigen zu öffnen. Und laden monatlich (meist freitags) zu Konzerten in ihr Musikzimmer mit Ausblick, mitten in Flingern. Stets ist der Eintritt frei. Wem es gefällt, der gibt danach eine kleine Spende. Diese Methode habe sich, so Dobrowolny, bewährt.

Wer hier auftritt? Komponierende Sänger wie Multitalent Martin Wistinghausen oder Orchester wie das Art-Ensemble NRW — ein Konkurrenz-Unternehmen zur renommierten Musikfabrik NRW — oder andere Solisten. Streicher, Holz- und Blechbläser etc. Am Freitag beispielsweise spielen Othello Liesmann Cello und Theodor Pauß Klavier, Werke von Bernd Alois Zimmermann, also klassische Moderne. Einen Monat später tritt dann der Berliner Jan Gerdes auf. Und im September soll gar im Salon eine junge Frau jodeln. Alpenländische Stimmartistik gepaart mit Neuer Musik — das verspricht jedenfalls, nicht langweilig zu werden.

„Bei uns kann jeder etwas finden“, meinen sie. Einzige Bedingung: Man müsse sich damit beschäftigen und offen sein, etwas Neues zu entdecken. Das sei keine Pop- oder Unterhaltungs-Musik zum Nebenbei-Hören, während des Waschens oder Bügelns. Dasselbe gelte aber auch für eine Beethoven-Symphonie. „Auch da muss man zuhören“, sagt Dobrowolny. Der 54-jährige Musiker wurde in Zagreb geboren. Mit sechs kam er nach Deutschland, studierte in Köln und lebt mit seiner Familie seit langem in Düsseldorf, wo er auch Geiger, Komponist und Lehrer ist. Seine Erfahrung lehrt ihn: Zeitgenössische Musik hat es sehr schwer beim Publikum. Warum? „Ganz einfach“, so Dobrowolny. „Sie ist häufig nicht sinnlich und abwechslungsreich genug und wird zu spröde dargeboten.“ Deshalb solle im Klangraum 61 alles genussreich und wenig verkopft präsentiert, Traditionelles mit Neuem gemischt werden. Ein großer Vorteil des Klangraums: Nach dem Konzert kommen Künstler mit Zuhörern ins Gespräch, ungezwungen, beim Glas Wein oder Wasser. Aber auch in anderen Häusern gastieren die Künstler, so in der Berger Kirche in der Altstadt.

Pläne für die Zukunft? Neben einer weiteren Komponisten-Messe im Herbst planen Dobrowolny und seine Mitstreiter weitere Events. Details werden nicht verraten; das Projekt hängt von Zuschüssen des Kulturamts ab.

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