Liebestrank mit Belcanto und Spaßbremse

Joan Anton Rechi inszeniert Gaetano Donizettis „L’elisier d’amore“ an der Deutschen Oper am Rhein. Der Clou ist das Bühnenbild.

Liebestrank mit Belcanto und Spaßbremse
Foto: Hans Jörg Michel

Düsseldorf. Die heitere italienische Oper „L’elisir d’amore“ - „Der Liebestrank“ - von Gaetano Donizetti (1797-1848) handelt vom berauschten Sinn eins jungen Mannes, Nemorino, mit zunächst geringen Chancen bei seiner Angebeteten, Adina. Von einem fliegenden Händler und Quacksalber, Dulcamara, erbittet er einen Zaubertrank, wie er in der Sage um Tristan und Isolde der Liebe Flügel verliehen haben soll. Der gerissene Geschäftsmann verkauft dem Naivling einfach eine Flasche Bordeaux als amouröses Elixier — mit kuriosen Folgen.

Donizettis populäres Werk hatte nun Premiere an der Rheinoper. Und da Rebensaft eine bedeutsame Rolle in dem Stück spielt, hängen in der Neuinszenierung von Joan Anton Rechi unzählige Weingläser am Schnürboden und bilden einen glitzernden Kristall-Himmel. Bühnenbildner Alfons Flores hat das brillant gelöst, und dieser bewegliche Glashimmel, der stufenlos und in verschiednen Bereichen auf- und abfahren kann, ist der visuelle Clou der ganzen Produktion. Zusammen mit verschiedenfarbigen Beleuchtungen schafft diese Ausstattung die eindrucksvollsten Lichtstimmungen und Reflexe.

Von diesem reizvollen Einfall abgesehen, hat die Inszenierung recht wenig Mitreißendes zu bieten. Rechis Personenregie wirkt einfältig bis albern. Sie spart nicht mit Plakativem. Da landen Torten im Gesicht, und Nebenbuhler Belcore hängt nicht nur wie eine Klette an Adina, er kettet sich gleich mit Handschellen an sie dran. Und dann greift Rechi noch zu jenen Notlösungen, zu denen Regisseure immer dann greifen, wenn ihnen zu wenig zum Stück einfällt: Sie erfinden noch was dazu. So lässt er Adinas Freundin Gianetta, die gerade Hochzeit feiert, als Hochschwangere auftreten, die sich bereits in dramatischen Wehen befindet. Das wirkt weder besonders originell, noch hilft es dem Stück weiter.

Manchmal sind es aber die Sänger, die durch Persönlichkeit und komödiantisches Talent Witz in die Sache bringen. So punktet etwa Bassbariton Günes Gürle als Dulcamara durch sein überaus quirliges Spiel. Er steckt in einem glänzenden Anzug und tischt ähnlich einem Bar-Tender hinter einem silbernen Tresen allerhand Gläschen, Fläschchen und Wässerchen auf. Gürle agiert flink und lebendig und ist auch stimmlich der Partie gewachsen.

Für den eigentlichen Belcanto sorgt unterdessen das Protagonisten-Paar: Anett Fritsch, seit 2009 Ensemblemitglied und gefeiert auch in Salzburg, verfügt über einen weichen, leuchtenden Sopran. Mit ihrem silbrigen Timbre veredelt sie den Klang des Orchesters, das unter der Leitung des Dirigenten Lukas Beikircher leider nicht gerade zur Hochform aufläuft. Die Düsseldorfer Symphoniker absolvieren die Donizetti-Partitur routiniert, aber ohne jenen Esprit, mit denen vor allem italienische Opernorchester ihren Donizetti feiern wie einen lieben Freund. Bei aller spieltechnischen Gediegenheit, stehen die Symphoniker etwas auf der Spaßbremse.

Viel Freude macht dafür der junge rumänische Tenor Ovidiu Purcel, der 2011 im Opernstudio angefangen hat und bereits ein Jahr darauf ins Haupt-Ensemble aufstieg. Purcel verfügt über Metall in der Stimme und lyrischen Schmelz. Sein Timbre klingt allerdings noch etwas grün, so als müsse es etwas nachreifen, um mehr Farbe anzunehmen. Doch das Unfertige passt gewissermaßen zur Partie des unbedarften Nemorino. Dass Purcel enorme Tenor-Gaben besitzt, zeigt sich vor allem in der Mühelosigkeit beim Singen hoher Töne. Begeisterter Beifall für die Sänger, Zustimmung auch fürs Regieteam, Höflichkeitsapplaus für Dirigent und Orchester.

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