Modekollektion für den ägyptischen Hof

Die Premiere von „Aida“ wird in der Oper vorbereitet. Auch das Entwerfen und Schneidern von historischen Kostümen gehört dazu.

Düsseldorf. Eine Oper für Kairo komponieren? „Puh! Ich gehe nicht hin, weil ich fürchten müsste, dort mumifiziert zu werden“, wehrte sich Giuseppe Verdi in einem Brief an seinen Freund Giuseppe Piroli gegen den zuerst ungeliebten Auftrag. Doch dann: „Ich muss Euch sagen, dass der Vertrag noch nicht unterschrieben ist. Aber da meine Bedingungen - und die waren hart — telegrafisch akzeptiert worden sind, kann man ihn für abgeschlossen halten.“ Mehrfach hatte der Komponist den Auftrag des Vize-Königs Ismail Pascha, des Groß-Wesirs von Ägypten, ausgeschlagen. Es ist allerdings eine Legende, dass „Aida“ erstmals 1869 aus Anlass der Einweihung des Suezkanals aufgeführt wurde. Auch nicht zur Eröffnung des neuen Opernhauses in Kairo. Das war Rigoletto.

Verdi war im November 1870 zwar fertig mit seinen Kompositionen, die Kostüme jedoch hingen noch in Paris (fest). Schuld daran waren die Preußen, die im deutsch-französischen Krieg (1870 - 1871) die französische Hauptstadt belagerten, so dass die Premiere von Aida erst am 24. Dezember 1871 in Kairo über die Bühne gehen konnte.

Solche Verzögerungen stehen in Düsseldorf nicht zu befürchten. Vier Wochen vor der Premiere in der Aida-Inszenierung von Philipp Himmelmann am 28. November wird in den Nähstuben der Deutschen Oper am Rhein gestichelt, gedruckt, drapiert, dekoriert. Pompöse Gewänder mit goldenen Borden, Rüschen-Röcke im zarten Nude-Look, fedriger Kopfputz, ganz viel komplizierte Details. Schließlich soll das Publikum nicht nur einen Ohren-, sondern auch einen Augenschmaus erleben. Rund 160 historische Kostüme gilt es getreu der Verdi-Epoche zu fertigen: Festkleider, Mieder, Kopfputz für die schönen Frauen, Fräcke und Uniformen für die stolzen Ägypter.

Gast-Star hierfür ist Gesine Völlm, die in einer Kritiker-Umfrage für das „Jahrbuch Opernwelt“ gerade zum dritten Mal als „Kostümbildnerin des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Sie hat schon an vielen großen Häusern im deutschsprachigen Raum gearbeitet, seit zehn Jahren immer wieder mit Himmelmann, auch schon in Düsseldorf, zum Beispiel für die Händel-Oper „Xerxes“.

Gemeinsam mit Stefanie Salm, Leiterin der Kostümabteilung des Opernhauses, entwirft und fertigt Völlm jetzt die anspruchsvolle Aida-Kollektion, die laut Dramaturgie „keine Sandalenoper und auch keine ägyptische Folklore“ sein soll. Völlm forschte nach Modemagazinen und Skizzen aus der Uraufführungszeit und wurde fündig.

Nicht nur die Solisten, der Chor und auch noch ein Extra-Chor brauchen für die Gewänder größtenteils Unterbauten, mit denen die Modelle im wahrsten Wortsinne zum Tragen kommen. Auch dramaturgisch. Völlm: „Dabei spielt der Tod als überzeitliches Element eine große Rolle.“ Zum tragischen Ende hin schälen sich Aida und der geliebte Radames aus ihren Gewändern bis auf einen schlichten Wäsche-Look. Mit den Hüllen fällt die Historie, die Oper kommt in der heutigen, der westlichen Welt an. Wobei Rollen sogar in schnöde Dienstleistungen auf der Bühne verschmelzen, zum Beispiel, wenn Solistin Aida als Kammerzofe verkleidet mit zwei weiteren Zofen den Chordamen beim Ankleiden hilft.

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