Papageno singt in schwindelnder Höhe

Mozarts „Zauberflöte“ hat am Samstag in Düsseldorf Premiere. Den Sängern verlangt die Produktion viel Körpereinsatz ab.

Papageno singt in schwindelnder Höhe
Foto: David Young

Düsseldorf. Angst hat er. Ihm ist schwindelig. Vor ihm geht es sieben Meter in die Tiefe, und seine Füße passen gerade so auf das kleine Podest. Es hilft nichts, Richard Sveda muss singen. Er ist Papageno in Mozarts „Zauberflöte“. Eine Oper, die er gut kennt, in vier verschiedenen Produktionen war der Sänger der Rheinoper schon dabei. Doch diesmal ist alles anders. Er muss jeden Schritt, jede Bewegung genau einstudieren. Für den Opernkünstler eine Herausforderung, wie er sie noch nie erlebt hat.

Inzwischen liegen hinter Sveda viele Wochen Proben und zwölf ausverkaufte und bejubelte Vorstellungen in Duisburg. Jetzt startet die Produktion in Düsseldorf, am Samstag ist Premiere. „Diese Inszenierung ist die beste“, sagt der Sänger überzeugt. Seine Höhenangst hat er überwunden, er weiß genau, wie er auf dem schmalen Austritt im Bühnenbild sich so bewegt, dass es nach einem schnellen Lauf aussieht. Wohin er seine Hand strecken muss, um im exakt richtigen Moment die schwarze Katze zu streicheln, die auf der riesigen Leinwand erscheint.

Er selbst ist Teil dieser Projektion. Handgezeichnete und animierte Bilder verbinden sich mit dem Spiel der Akteure, die an sechs Öffnungen in der Leinwand ins Bild gedreht werden. Die Sprechtexte erscheinen als kurze Zwischentitel, das ganze bekommt eine zweidimensionale Stummfilmästhetik.

Genau das wollte Regisseur Barrie Kosky, der zusammen mit den britischen Theatermachern der Gruppe „1927“ „Die Zauberflöte“ in dieser Weise inszeniert hat. Zunächst für die Komische Oper in Berlin. Dort hat sie inzwischen Kultstatus. Für die Deutsche Oper am Rhein scheint sich der Kauf der Produktion gelohnt zu haben: Allein 30 Vorstellungen sind bis Ende der Spielzeit geplant.

Vom Ablauf ist das Ganze eine große Herausforderung. Hinter jeder Leinwandöffnung stehen zwei bis drei Techniker, die sekundengenau die Sänger ins Bild rein- und wieder rausdrehen müssen. Der Film auf der Leinwand ist nicht in einem Stück gedreht. Es sind viele kleine Teile, die eine Mitarbeiterin im Stellwerk auf Knopfdruck in Bewegung setzen kann. 800 Mal drückt sie pro Vorstellung. Sie richtet sich dabei nach dem Dirigenten, er bestimmt mit der Musik das Tempo. „Wenn ein bestimmter Flötenton erklingt, reagiert sie und die Katze springt von rechts ins Bild“, erklärt Spielleiterin Anna Bernreitner, die auch schon in Berlin die Oper mit den Sängern einstudiert hat.

„Das ist jetzt mein fünfter Papageno, und bei jedem ist es anders“, sagt Bernreitner. Das klingt paradox, ist doch der Rahmen durch die gezeichneten Animationen fest vorgegeben, jede Bewegung einstudiert. „Genau darum sieht man sehr tief in die Seelen der Sänger“, sagt sie. Sie weiß, was die Oper den Mitwirkenden abverlangt. Einige haben auch schon davor zurückgeschreckt, sich in der Höhe auf das schmale Podest zu stellen. „Nach vier Wochen Proben löst sich das im Kopf, die Bewegungen ergeben sich wie in einer Choreografie.“

Und dazu gehören nicht nur die Auftritte in Richtung Zuschauerraum. Auch auf der Rückseite der Bühne muss jeder Schritt sitzen. Möglichst lautlos flitzen die Sänger auf Treppen von Austritt zu Austritt von oben nach unten. „Du darfst mit deinen Gedanken keine halbe Sekunde woanders sein“, sagt Sveda. Augenzwinkernd fügt er an: „Fast nebenbei musst du auch noch singen.“

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