Tanzhaus NRW: Ein ungewöhnliches Duett auf der Bühne

Choreograph Jan Martens setzt seine Werkschau fort und zeigt vom 8. bis zum 10. März sein Stück „Victor“.

Tänzer und Choreograph Jan Martens.

Tänzer und Choreograph Jan Martens.

Foto: Tanzhaus NRW

Düsseldorf. Gerade mal 30 Jahre und schon ein gefragter Choreograph der Freien Szene — in Amsterdam, Brüssel, Paris, Zürich sind die ungewöhnlichen Kreationen von Jan Martens zu sehen. Sie sind streng komponiert, konzentriert, aber auch extrem lebendig und körperbetont. Und erzählen seltsame Liebes-Geschichten von Erwachsenen und Kindern.

Obwohl er sich als Zwölfjähriger nur als Läufer und Schwimmer betätigte und erst mit 17 Jahren das Tanzen entdeckte, gilt der gebürtige Belgier als Überflieger. Und zählt nun zwei Jahre lang zu den drei „Factory Artists“ des Tanzhauses NRW (eine Art „Artist in Residence“).

Martens wird hier nicht nur seine bekannten Stücke zeigen, sondern auch vor Ort ein neues Stück entwerfen, und zwar mit Düsseldorfer Laien-Darstellern. Vom 8. bis zum 10. März setzt er seine Werkschau fort und präsentiert mit „Victor“ eine seiner erfolgreichsten Kreationen von 2012 bis 2013, in Zusammenarbeit mit Peter Seynaeve. Ein Gespräch mit Jan Martens.

Worum geht es in „Victor“?

Jan Martens: Es ist sehr intim und voller Zärtlichkeit. Es geht um die Beziehung zwischen einem Mann und einem Jungen. Wir zeigen die Körper der beiden und wollen auch die Schönheit eines Heranwachsenden darstellen. Die berühren sich, gehen aber auch auf Konfrontation.

Eine Vater- und Sohn-Geschichte?

Martens: Könnte sein, aber es sind auch andere Deutungen möglich. Vielleicht sind sie auch der gleiche Körper — die jüngere und ältere Version.

Damals schockierte Belgien der Skandal um den Mörder und Sexualstraftäter Marc Dutroux, der Kinder missbraucht hatte. Ist das nicht ein Problem, diese Bilder heute zu zeigen?

Martens: Ja. Ich weiß. Ich habe Freunde, die es nicht mehr wagen, mit ihren Kleinkindern nackt in die Badewanne zu steigen. Daher soll das Stück zur Diskussion anregen, ob ein Erwachsener ein Kind schön finden darf oder ob es zu einem Tabu werden soll.

Das Stück läuft auch morgens für Schüler. Warum?

Martens: Es erzählt von der Bedeutung von Zärtlichkeit und von Berührung. Wir sind gespannt darauf, wie Kinder auf diese Bilder reagieren.

Warum sind Sie Tänzer und Choreograph geworden?

Martens: Mit 17 Jahren habe ich die ersten Stück von Jan Fabre (ebenfalls Belgier) gesehen. Dann habe ich meinen Körper trainiert, auch um damit Geschichten zu erzählen. Alle Choreographien sind dann Porträts geworden. Und jedes Porträt — von Männern, Frauen oder Liebespaaren — verlangt eine andere Sprache.

Ist das Erzählen im Tanz nicht eher altmodisch?

Martens: Nein. Ich möchte etwas schaffen, das die Zuschauer berührt. Und das gelingt nicht mit abstrakten oder avantgardistischen Bildern, mit Tänzern, die sich wie Maschinen bewegen. Zumal wir in einer Zeit leben, in der es die Künste schwer haben.

Was bedeutet für Sie der Beruf als Choreograph?

Martens: Für mich ist der Choreograph wie ein Autor, der Geschichten erfindet. Ich schreibe nicht mit Tinte oder auf dem Laptop, sondern mit Körpern.

Was bedeutet für Sie das Tanzhaus NRW?

Martens: Das Haus hat viel Talent-Entwicklung in seiner DNA. Es hat eine bedeutende Geschichte, ist — auch wegen seiner großen Räume und seiner Bühnentechnik — eine prominente Adresse für zeitgenössischen Tanz und europaweit bekannt. Da ich mich als europäischen Choreographen und als mobilen Künstler verstehe, freue ich mich auf zwei Jahre. Denn wir werden vom ganzen Team unterstützt.

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