Zwischen Herzschmerz und Heiterkeit

Schlagerstar Roland Kaiser (62) schmachtet, swingt und witzelt sich in die Herzen des weiblichen Publikums.

Zwischen Herzschmerz und Heiterkeit
Foto: dpa

Düsseldorf. Er wolle lieber unanständig jung als mit Anstand alt werden, verrät Roland Kaiser bei seinem Gastspiel in der Halle an der Siegburger Straße am Mittwochabend den rund 1500 Zuhörern. Sein Outfit ist trotzdem ziemlich anständig: eleganter Smoking, weißes Hemd, Fliege. Der Schlager-Schwerenöter gibt den gereiften Gentleman, der nach über 40 Jahren Bühnenerfahrung genau weiß, was seine (weiblichen) Fans wollen - und ihnen ein altbewährtes Rezept aus Herzschmerz und Heiterkeit serviert.

„Seelenbahnen zeichnen mein Gesicht“ singt der 62-Jährige zu Beginn. Der Titelsong seines aktuellen Albums ist kein Mitsing-Hit, eher getragen der Rhythmus, nachdenklich der Text. Nur ein paar zaghafte Blicke wagt Kaiser ins Publikum, wirkt konzentriert, in sich gekehrt, während er singt: „Das Seelentief in mir ist wie ein letztes Pfand von dir.“

Doch Sänger wie Fans kommen schnell in Fahrt, zu „Alles was du willst“, der Erkennungsmelodie einer vergessenen Arzt-Seifenoper aus den 90ern, reißt es die Besucher nach nicht mal 20 Minuten von den Sitzen. Die ersten Blumengestecke werden sehnsüchtig gen Bühne gereicht, spätestens jetzt fühlt man sich zwangs- und zurückversetzt in die legendäre ZDF-Hitparade - fehlt eigentlich nur Dieter Thomas Heck.

Abseits des Schlagerpfads wandelt Kaiser auf den Spuren von Udo Jürgens, Frank Sinatra und Dean Martin. Er swingt sich gekonnt lässig durch „Niemals in New York“ oder „Mack the Knife“, wird dabei getragen vom satten Bläser-Sound seiner zwölfköpfigen Band, die nicht nur hier tadellos agiert.

Ein Abstecher in andere musikalische Gefilde scheint heute als Pflichtübung für Schlagerstars zu gelten, quasi der obligatorische Beleg dafür, mehr drauf zu haben als „nur“ Liebes-Gedöns. Beim Bohlen-Schmachtfetzen „Midnight Lady“ ist der Jubel trotzdem größer. Evergreens wie „Dich zu lieben“, „Joana“ oder „Ich glaub’ es geht schon wieder los“ spart sich der Berliner bis zum Finale auf.

Viele sind da längst vor die Bühne geeilt, liegen sich selig in den Armen, während sie mitsingen und ihr Idol anhimmeln. Nach etwas schleppendem Beginn ist aus dem Konzert eine ausgelassene Schlagerparty geworden.

Der SPD-Wahlkämpfer und Pegida-Kritiker Kaiser bekennt auch politisch Farbe - abseits der Showbühne. Während des Konzerts geht es zweieinhalb Stunden ausnahmslos um das schier unerschöpfliche Thema Liebe. Und so wird aus einem Song über den Fall des Eisernen Vorhangs („Insieme“ von Toto Cutugno) bei ihm ein weiteres Lied über, na klar, Beziehungskisten („Extreme“).

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