Michael Apelt: Düsseldorfer seit 23 Jahren im Todestrakt

Michael Apelt soll für einen Mord von 1988 hingerichtet werden, sein Bruder sitzt lebenslang in Haft. Beide hoffen auf eine Überstellung nach Deutschland.

Düsseldorf. Seit 23 Jahren wartet Michael Apelt auf den Tod. Der 50 Jahre alte Düsseldorfer sitzt in einer fensterlosen Zelle im Todestrakt eines Gefängnisses im US-Bundesstaat Arizona. 24 Stunden am Tag bestrahlt von künstlichem Licht, einen Fernseher kann er sich nicht leisten. Drei Mal in der Woche darf er allein auf einen von zehn Meter hohen Mauern eingefassten Hof, ein Gitter versperrt die freie Sicht zum Himmel. Manchmal fliegt ein Vogel oder ein Flugzeug vorbei.

Die Geschichte des Düsseldorfers, wie sie vor Gericht und in den Medien dargestellt wurde, erscheint wie das Drehbuch zu einem viertklassigen Fernsehfilm. Die Brüder Michael und Rudi Apelt wanderten in den 80ern in die USA aus. Dort lernte Michael die hübsche Cindy kennen. „You me marry?“, soll er sie in brüchigem Englisch in der ersten Nacht gefragt haben, schrieb 2003 der „Spiegel“. 26 Tage später heirateten die beiden in Las Vegas. Im Dezember 1988 wurden die Lebensversicherungen des Paares über 400 000 Euro wirksam. Zwei Tage später fand man Cindys Leiche in der Wüste, mehrere Messerstiche im Oberkörper, die Kehle durchgeschnitten.

Für das Verbrechen wurde zunächst nur Michael vor Gericht gestellt. Allerdings fand ein Gutachter heraus, dass Cindy von einem Rechtshänder umgebracht wurde — Michael ist Linkshänder. So geriet auch der drei Jahre ältere Bruder Rudi in die Schusslinie. In einem Verfahren mit ständig wechselnden Pflichtverteidigern und ohne psychiatrische Gutachten, wie sie hierzulande Standard sind, verurteilte das Gericht beide Brüder zum Tode.

Seither haben die Männer kaum mehr Kontakt in ihre alte Heimat. Die Geschwister wollen von ihnen nichts mehr wissen. Ein Mitarbeiter von Amnesty International bezahlte für sie allerdings jahrelang ein Abo der Montagsausgabe der WZ. „Die lesen sie wohl vor allem wegen der Sportnachrichten gerne“, sagt Karl Rodenberg. Der Menschenrechtsaktivist besucht seit langer Zeit Todeskandidaten in amerikanischen Gefängnissen — seit 16 Jahren auch die Brüder Apelt. Auch ihr WZ-Abo will er ihnen nun wieder finanzieren. Und einen Fernseher.

„Ich bin immer wieder erstaunt, wie Menschen diese Absonderung ertragen und noch relativ normal wirken“, sagt Rodenberg, der gerade Mitte März wieder bei Michael Apelt in Florence war. „Es ist manchmal anstrengend, wenn man immer wieder dieselben Geschichten und Klagen hört“, sagt der Todesstrafen-Gegner — aber neue Geschichten erlebt Apelt nun einmal seit über zwei Jahrzehnten nicht. Sein einziger sozialer Kontakt sind die jährlichen Besuche von Karl Rodenberg.

Rudi Apelt sitzt inzwischen in einem Gefängnis in Tucson. Seine Strafe wurde in lebenslange Haft umgewandelt. Denn der deutsche Experte Prof. Dr. Frank Schneider, der damals in der Psychiatrie der Düsseldorfer Uni-Klinik arbeitete, bescheinigte ihm Hirnschäden durch Misshandlungen in der Kindheit und einen Intelligenzquotienten von gerade einmal 55 — er gilt somit als schwachsinnig und darf nicht hingerichtet werden. Laut Rodenberg ist allerdings auch Michael Apelt nur unwesentlich intelligenter, hat ebenfalls tiefe Narben, die ihm nach eigener Aussage der Vater mit einem Feuerhaken beibrachte. Wie Rudi habe er in Düsseldorf die Sonderschule besucht — der ehemalige Rektor sei mit über 90 Jahren zu einer der zahlreichen Verhandlungen um die Brüder in die USA gereist. Bei Rodenbergs Besuchen beteuern beide bis heute ihre Unschuld.

„Jetzt haben sie wieder Hoffnung“, berichtet der Aktivist vom jüngsten Besuch. Beide Brüder sagen, in ihren Fällen stünden neue Gerichtsentscheidungen an. Ohnehin bemüht sich die Bundesregierung seit Jahren um eine Überstellung der beiden nach Deutschland. Bisher allerdings ohne jeden Erfolg.

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