Mordprozess: „Hatte einen Vertreter beim Sterben“

Nach dem Urteil gegen den Amokläufer: Rechtsanwalt Martin Lauppe-Assmann über Rache und Schuldgefühle.

Mordprozess: „Hatte einen Vertreter beim Sterben“
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Am Dienstag wurde Yanqing T. wegen dreifachen Mordes, Mordversuchs und Brandstiftung zu lebenslanger Haft verurteilt. In der Kanzlei von Martin Lauppe-Assmann hatte am Tattag Ende Februar der Amoklauf des Angeklagten begonnen. Der Rechtsanwalt nahm als Nebenkläger an dem Verfahren teil. Einen Tag nach dem Urteil sprach er mit der WZ.

Was haben sie nach dem Prozess gemacht?

Martin Lauppe-Assmann: Ich habe einen Jägermeister getrunken, um meine Nerven zu beruhigen. Danach habe ich den ganzen Tag weitergearbeitet.

Sind Sie mit dem Urteil zufrieden?

Lauppe.-Assmann: Lebenslänglich, das ist die Höchststrafe. Mehr geht nicht. Und dass eine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde, halte ich für sinnvoller als eine spätere Sicherheitsverwahrung, die juristisch ohnehin kaum durchsetzbar gewesen wäre.

Gab es Momente, in denen Sie besonders berührt waren?

Lauppe-Assmann: Ja, als ich mit dem Sohn des Kollegen, der in meiner Kanzlei ermordet wurde, zum Mittagessen war. Seinem Vater ist maßloses Unrecht geschehen, ebenso wie der Anwaltsgehilfin in der Erkrather Kanzlei, die mit dem Angeklagten nichts zu tun hatte. Das seelische Leid, das der Täter verursacht hat, wurde in dem Prozess überhaupt nicht deutlich. Da bekamen Leben von heute auf morgen einen Knick.

Auch Ihres?

Lauppe-Assmann: Ich lasse mein Leben nicht von diesem Verbrecher bestimmen, habe ich mir von Anfang an vorgenommen. Aber nicht alle sind so stark. Die ehemalige Kollegin des Täters hatte in Goch eine gut gehende Pizzeria. Heute sitzt sie weinend zu Hause und traut sich nicht mehr nach draußen. Das lässt sich nicht wieder gut machen.

Hat Sie die Tat nicht erheblich belastet?

Lauzppe-Assmann: Doch, ich habe wochenlang nicht richtig schlafen können, aus Wut und aus Angst. Da waren auch Rachegefühle. Es fällt mir schwer, mich zurückzuhalten. Außerdem habe ich unbegründete Schuldgefühle gegenüber dem Kollegen, der für mich gestorben ist. Der Mann wollte die Chefs der beiden Kanzleien umbringen. Wäre ich da gewesen, hätte es einen Kampf gegeben, den ich vielleicht verloren hätte. So hatte ich einen Terminvertreter beim Sterben.

Hat sich Ihre Einstellung zu Ihrem Beruf verändert?

Lauppe-Assmann: Das hat sie. Ich werde mich in Zukunft vor allem bei Gewaltdelikten fragen, ob ich mich da für jemand einsetzen soll. Stattdessen werde ich mich mehr auf den Opferschutz konzentrieren. Ich halte es für falsch, wenn jemand, der einem anderen mit der Faust die Nase bricht, als Ersttäter automatisch eine Haftstrafe auf Bewährung bekommt. Das ist zum Beispiel in Bayern ganz anders. Ich halte die Strafen für Gewalttäter in NRW für zu gering. Wer einen anderen Menschen schwer verletzt, soll gefälligst auch hier im Strafverfahren um seine Bewährung kämpfen müssen.

Denken Sie jetzt auch mehr an ihre persönliche Sicherheit?

Lauppe-Assmann: Natürlich macht man sich nach einem solchen Ereignis Gedanken. Ich gehe nie mehr ohne Waffe aus dem Haus. Ich meine natürlich legale Waffen wie Tränengas. Außerdem sind wir dabei, unsere neuen Büroräume sicherheitstechnisch aufzurüsten. Wie werden die modernste Videoüberwachung bekommen, die es gibt. Das gilt auch für den Türöffner, der gerade eingebaut wird.

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