Notdienst für Minderjährige gibt’s immer noch nicht

Amt wollte eine Bereitschaft einrichten, die sich um Minderjährige kümmert. Getan hat sich aber nichts.

Düsseldorf. Die 14-Jährige wurde an den Rheinwiesen aufgegriffen. Völlig betrunken. Auf der Altstadtwache pöbelte sie die Beamten an, war kaum zu bändigen. Die städtische Jugendschutzstelle Agnesheim wollte das Mädchen in diesem Zustand nicht aufnehmen.

Die Rettungsassistenten weigerten sich, sie ins Krankenhaus zu bringen — weil sie von dort einfach abhauen könnte. Und die Mutter ging nicht ans Telefon. Einen Haustürschlüssel hatte die Jugendliche nicht dabei. Letztlich mussten sich zwei Polizisten drei Stunden lang mit der Betrunkenen herumschlagen, bis die Mutter sich endlich meldete.

„Dieses Problem haben wir immer wieder“, bestätigt Detlev Weiß, Leiter der Polizeiinspektion Mitte auf WZ-Anfrage. Über 100 Mal im Jahr greifen seine Kollegen Minderjährige in der Altstadt und der Umgebung auf. „Wir wissen oft nicht, wohin mit ihnen. Und es geschieht vor allem am Freitag und Samstag, wo wir das Personal dringend brauchen.“

Eine Lösung für dieses zeitraubende Problem schien eigentlich schon 2009 in Sicht: Gegenüber der WZ sagte Klaus Kaselofsky, Vize-Chef des Jugendamtes damals, man wolle beim Bezirkssozialdienst eine 24-Stunden-Bereitschaft einrichten. Damit die Polizisten in Fällen wie dem geschilderten die angeschlagenen Minderjährigen an geschulte Mitarbeiter übergeben können.

Zusatzeffekt: Das Jugendamt hätte sofort einen Kontakt zu den Familien, um eventuell Hilfe anzubieten und zu verhindern, dass die Jugendlichen abdriften. „Wir sind gerade dabei, diesen Dienst einzurichten“, bestätigte Kaselofsky seinerzeit und nannte das Frühjahr 2010 als Starttermin.

Bis jetzt, zweieinhalb Jahre nach diesem Termin, gibt es den Notdienst aber nicht. Mit der Änderung des Bundeskinderschutzgesetztes zum Januar 2012 habe man zunächst geschaut, wie man Strukturen verändern kann, heißt es von Jugendamtsleiter Johannes Horn (Foto). Die Einrichtung des Notdienstes sei aber noch immer geplant: „Das ist im Verwaltungsfluss.“

Dass dieser bald in ein Ergebnis mündet, wünschen sich auch die Politiker. „Das Jugendamt muss zwischen Freitag und Sonntag erreichbar sein“, sagt FDP-Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und ist „optimistisch“, dass die 24-Stunden-Bereitschaft in Kürze stehe. Auch CDU-Fraktionschef Friedrich G. Conzen will bei dem Thema weiter nachhaken, ist ansonsten mit der Entwicklung der Sicherheit in der Altstadt aber sehr zufrieden: „Ich glaube, die Lage ist in Ordnung.“

Das sieht die Opposition anders. „Es ist zu wenig passiert“, sagt Grünen-Ratsfrau Clara Deilmann und spielt auf den Runden Tisch an, bei dem Stadt und Polizei 2008 Ideen für die konfliktträchtigen Wochenendnächte an der längsten Theke diskutierten. Seither fiel die Sperrstunde, was zu einer Entzerrung der Besucherströme führte; in einigen Gassen wurde die Beleuchtung verbessert.

Andere Ideen, wie ein Alkohol-Verkaufsverbot nach Mitternacht an den Kiosken, wurden schnell zu den Akten gelegt. Wegen rechtlicher Schwierigkeiten. „Aber es kann nicht hinreichend sein, nur mehr Polizeieinsatz zu fordern“, sagt auch SPD-Ordnungspolitiker Martin Volkenrath.

Deilmann will das Thema Altstadt nun noch einmal generell auf die politische Agenda bringen. Ihr Ziel ist es vor allem, die Entwicklung aktiv mitzugestalten und im Dialog mit Hauseigentümern die Ansiedlung neuer Gastronomie zu beeinflussen — um eine zunehmende Ballermannisierung des Düsseldorfer Aushängeschildes zu verhindern.

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