Promi-Boxen auf Pro7: Der Kampf um die Überreste von Würde und Ehre

Beim Promi-Boxen treffen TV-Moderatoren auf Models, die schon im Dschungelcamp gescheitert sind.

Düsseldorf. Bam Bam betritt die Halle und weiß, um was es geht. Es steht auf dem schwarzen Kapuzenpulli, den er sich über seinen Schrank von Oberkörper gezogen hat. Es steht tätowiert auf seinen fleischigen Fingerknöcheln. Und selbst die Schlagring-Stecker in seinen Ohrläppchen — jeder so groß wie eine Ein-Euro-Münze — sagen es aus: Es geht um „Bam! Bam!“, um Boxen.

Bam Bam liebt diesen Sport so sehr, dass er seinen echten Namen gar nicht mehr benutzt, sondern für alle eben nur noch Bam Bam ist — die lautmalerische Comic-Umschreibung für eine Rechts-Links-Kombination. Und dieser Comic erwacht im Reisholzer „Castello“ beim „Großen Promi-Boxen“ des TV-Senders Pro Sieben, für ein paar Stunden zum Leben.

Die Hauptdarsteller sind die B- bis C-Promis dieser Welt. Zum Beispiel Willi Herren, der prollige Olli Klatt aus der „Lindenstraße“, der dem Olli auch fernab der Kameras meist bedrohlich nahe kommt: Weshalb, wenn nicht wegen einer zünftigen Klopperei, sollte sich das Entfant Terrible der deutschen Soap-Szene mit seiner Limousine, auf der als Schriftzug „Ne echt kölsche Jung“ prangt, in den tiefen Düsseldorfer Süden zwischen Bahntrasse, A 46 und Industriegebiet verirren?

Während sich im Ring leidlich erfolgreiche Rocker und Popper, Moderatoren und „Dschungelcamp“-Gescheiterte, Blödel-Musiker und Ex-Olympioniken, Nackt-Luder und vergessene „Popstars“-Gewinnerinnen auf die Birne hauen, halten „Big Brother“-Jürgen und „Germany’s next Topmodel“-Rausfliegerin Gina Lisa im Minirock ein Schwätzchen.

Rüpel-Hip-Hopper Sido stakst breitbeinig mit seinen Bodyguards durch den Innenraum. Schauspielerin Radost Bokel („Momo“) stakst bedenklich wackelnd auf Pfennigabsätzen hinterher. Und draußen im Foyer ist das Bier um kurz nach neun schon zum zweiten Mal alle. „Die trinken uns alles weg“, sagt Thekenkraft Isabelle, blickt in die entsetzten Gesichter durstiger Besucher und zapft Apfelschorle in Plastikbecher.

Für Carsten, Peter, Marcus und Willi ist das nicht ganz so tragisch: Die vier Box-Fans haben sich schließlich schon mittags in der Altstadt getroffen und warm getrunken für den Niveau-Alarm am Abend: „Hart schlagen im Ring, hart am Glas an der Theke“ ist das Motto der Düsseldorfer, von denen vor allem Peter mit erstaunlich kruden wie richtigen Prognosen zum Ausgang der Kämpfe aufwarten kann.

Er sagt in der internen Wettrunde alle Sieger voraus und überzeugt dabei mit stichfesten Argumenten: „Nimm zum Beispiel Daniel Aminati und Nico Schwanz“, sagt er und hebt den Zeigefinger. „Eigentlich sollte einer wie Aminati, der morgens wahrscheinlich drei Stunden vorm Spiegel braucht, niemals einen Boxkampf gewinnen.“ Die Kollegen schauen ernst und nicken anerkennend. TV-Moderator Aminati gewinnt. „Dschungelcamp“-Nico kriegt Dresche. Carsten streicht die Kohle ein.

Als der Frauengipfel zwischen Seite-1-Model Micaela Schäfer und Ex-„Brosis“-Sängerin Indira Weis steigt, brüllen die Fans am lautesten — und schlagen sich gleich auf Indiras Seite, die im Gegensatz zur Kontrahentin nicht etwa für den Glanz und Glamour einer Kö steht, sondern mit ihren rabiaten Faust-Attacken eher an Straßenkampf zwischen Häuserblocks erinnert. Die Videowände zeigen in Zeitlupe die Treffer auf Nase, Kinn und Silikon-Brust. Die ansonsten makellos straffe Damenhaut bebt und ruckelt. Das Publikum johlt. Der Box-Comic erreicht seinen Höhepunkt.

Und in Reihe eins hinterm Promi-Block wissen Nadine (18), Elena (17) und Sophia (20) aus Stuttgart — die drei lassen sich ihren Box-Trip inklusive Hotel-Übernachtung und 40-Euro-Ticket gut 200 Euro kosten — gar nicht mehr, welches Plakat sie denn nun hoch halten sollen aus ihrer Batterie mit selbst gemalten Plakaten: Den verbalen Tiefschlag „Bullshit!“ vielleicht? Die unmissverständliche Aufforderung „Hau sie weg!“? Oder doch „Der Typ hinter mir sieht nichts.“? Letztlich egal. So lange es nur ordentlich „Bam Bam“ gibt.

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