Rheinbahn: „Es gibt Bilder im Kopf, die vergisst man so schnell nicht“

Nach dem tödlichen Bahnunfall am Donnerstag ist der Rheinbahn-Fahrer weiter nicht im Dienst. Psychologen kümmern sich um Helfer und Augenzeugen.

Rheinbahn: „Es gibt Bilder im Kopf, die vergisst man so schnell nicht“
Foto: privat

Düsseldorf. Es ist ein ganz normaler Donnerstagabend. Die Linie 703 fährt auf der Grafenberger Allee in Richtung Innenstadt. Doch an der Haltestelle Schlüterstraße/Arbeitsagentur klettert ein Mann auf die Kupplung zwischen Triebwagen und Anhänger. Die Bahn fährt an und der Mann stürzt auf die Gleise, wird mehrere Hundert Meter mitgeschleift. Vermutlich ist er sofort tot.

Rheinbahn: „Es gibt Bilder im Kopf, die vergisst man so schnell nicht“
Foto: Patrick Schüller

Der 57-jährige Rheinbahnfahrer erleidet einen Schock und ist bis heute arbeitsunfähig. „Bei uns entscheiden die Fahrer selber in Abstimmung mit der Betriebspsychologin, wann sie ihren Dienst wieder aufnehmen“, sagt Rheinbahn-Sprecherin Heike Schuster. Damit der Fahrer nicht allein dasteht, hat das Unternehmen Notfallhelfer, die im Ernstfall rausfahren und Betroffene versuchen aufzubauen.

Zwölf Mitarbeiter wurden von Betriebspsychologin Angela Teuchert geschult, jedes Jahr gibt es eine Nachschulung. 24 Stunden am Tag sind die Helfer erreichbar. Deshalb sind auch überwiegend flexible Mitarbeiter aus den Werkstätten im Notfalldienst, den es seit 1997 gibt. Früher kam es häufig vor, dass Fahrer nach einem solchen Unfall nie in den Fahrdienst zurückgekehrt sind. „Seit wir die Notfallhelfer haben, sind diese Zahlen stark zurückgegangen“, sagt Schuster. Etwa drei bis viermal im Jahr helfen die Kollegen vor Ort.

Bei der Polizei kümmert sich Pfarrerin Bianca van der Heyden um die Beamten, die solch ein schreckliches Ereignis erlebt haben. „Wir rufen die Betroffenen nach einigen Tagen zusammen und sprechen mit ihnen. Dann erklären wir ihnen auch, dass es ganz normal ist, dass sie die Bilder, die sie im Kopf haben, so schnell nicht mehr loswerden, das dauert einige Wochen. Außerdem ist es wichtig, dass die Kollegen untereinander sprechen. Ich erkenne bei diesen Treffen schon sehr früh, wer später Hilfe benötigt.“

Viel mehr Sorgen macht sie sich um die Beamten, die überhaupt nicht reagieren: „Das kommt dann später meist an anderer Stelle wieder hoch“, sagt die Ehe-, Familien- und Lebensberaterin und Fachberaterin Psychotraumatologie.“

Ob die Beamten traumatisiert sind, das erkennt man erst nach vielen Wochen. „Wenn sie dann noch immer müde und schlapp sind und außerdem über Appetitlosigkeit klagen, dann müssen wir ihnen helfen. In der Regel sind aber nach vier bis sechs Wochen solche Erlebnisse verarbeitet und der Betroffene ist enddramatisiert.“

Besonders schlimm ist es nach dem Unglück bei der Love-Parade in Duisburg gewesen. „Damals waren sehr viele Polizisten traumatisiert“, erinnert sich van der Heyden.

Auch die Feuerwehr hat ein Notfallseelsorge-Team, das bei schlimmen Unfällen ausrückt, wie auch bei dem auf der Grafenberger Allee. „Wir waren mit zwei Leuten vor Ort und haben drei Augenzeugen betreut“, sagt Sprecher Michael Sandforth, „allerdings konnten wir alle ziemlich bald wieder nach Hause entlassen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort