Rheinufer auf vier Rädern: Ein Lack wie Schmirgelpapier

Sven Körners Volvo hat einen Lack aus Rheinsand. Das Stück Heimat auf vier Rädern bringt mehr Aufmerksamkeit, als ihm manchmal lieb ist.

Düsseldorf. Immer wieder wird Sven Körner von Menschen angesprochen, wenn er in der Friedenstraße gerade aus seinem Auto steigt: "Endlich sehe ich Sie mal, wie haben Sie das gemacht?", fragen die dann, oder: "Wieso haben Sie das gemacht?" Gemeint ist sein Auto, das er mit Rheinsand lackiert hat.

Auf die zweite Frage hat der 41-Jährige noch immer keine Standardantwort. Auf die erste schon. Vergangenes Jahr im Mai ist er mit mehreren Nichten und Neffen ans Rheinufer gefahren: "Erst haben wir fünf Stunden abgeklebt, den Wagen mit Estrichfarbe bepinselt und dann mit Sand beworfen." Vor allem der letzte Teil gefiel den Kindern - da konnten sie nichts falsch machen.

Aber wie ist die Idee entstanden? Wohl vor allem aus Körners großer Schwäche für den Fluss, mit dem er groß geworden ist, in Langst-Kierst gegenüber von Kaiserswerth: "Wir sind Rheinkinder", sagt er und erzählt, wie er und seine Freunde mit 18, 19 oft abends mit ihren Autos zum Fluss gefahren sind, Feuer machten.

Da habe es noch kein Ordnungsamt gegeben. Heute lebt Körner in Unterbilk und fährt jeden Tag mit seinem Hund runter zum Volmerswerther Deich. Einer seiner Freunde dreht gerade einen Film über den Rhein.

Letzten Sommer ist Sven Körner mit seinem Volvo 460 durch mehrere Länder in Europa getourt. Auch ein ganzes Stück entlang des Rheins ist er gefahren, bis hinunter zum Bodensee: "Ich wollte mal sehen, wo der Sand herkommt." Als er am Rheinfall in Schaffhausen stand, begegnete er einer Schulklasse aus der Schweiz. Der Lehrer sah Körners Volvo und sagte: "Des isch d’r Antilack."

Dem stimmte er zu. Weshalb Sven Körner die Tür seines Autos immer sehr vorsichtig öffnet. Und bei einem Unfall könnte er auch schlechte Karten haben.

Denn die Schäden am Wagen der Gegenpartei könnten durch die Schmirgelpapier-Beschichtung von Körners Volvo erheblich vergrößert werden.

Aber Körner hat eben nicht nur eine Schwäche für den Rhein, sondern auch für schräge Autos. Früher hat er mit Freunden Ford Granadas besprüht, vorn mit Hörnern versehen oder das Dach abgeflext. Auch ein Räuber-Hotzenplotz-Auto gab es einmal. "Heute wird es doch auf den Straßen immer langweiliger", findet Körner und denkt an Einheitskarosserien mit silbergrauem Einheitslack.

Mit dem Volvo ist trotzdem bald Schluss. Der Wagen (Baujahr 1994) ist technisch nicht mehr gut in Schuss. Und Körner merkt, dass er langsam zu alt für sein Sandauto ist. Dass die großgewachsene Hündin Naika ihr weißes Fell in den Fahrtwind hält, macht das Gefährt nicht gerade unauffälliger: "Wenn ich abends am Frida gegenüber der Bilker Kirche entlangfahre, drehen sich 40 Köpfe in meine Richtung."

Auf der Autobahn bremsen manche, zücken ihr Handy und machen ein Foto. Kommt Körner in die Schule, wo er Sport-AGs anbietet, erzählen ihm die Kinder, wo er am Vortag gewesen ist.

Bald wird er den Wagen seiner Mutter übernehmen, einen silbergrauen Golf. Und die Normalität genießen. Aber ganz sicher nicht zu lange. Beim Sand-Volvo hat Körner beobachtet, das Moos gut anwächst. Die Idee: Dieses Wachstum fördern und so ein komplett grün überzogenes Auto kreieren. Öko eben - liegt ja voll im Trend.

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