Riesenwelse erobern den Rhein

Immer wieder werden die großen Raubfische aus dem Wasser gezogen. Wie viele es gibt, wie groß sie sind — das ist noch immer ein Geheimnis.

Düsseldorf. Eine Spaziergängerin will 2001 beobachtet haben, wie ein riesiger Wels einen schwimmenden Dackel im Mönchengladbacher Volksgarten vertilgte. Der Vorfall blieb für immer eine Legende — nie meldete sich ein trauriges Herrchen oder Frauchen, das seinen Hund vermisste.

Angler und Taucher machten vergeblich Jagd auf „Killer-Wels Kuno“. 2003 lag dann aber tatsächlich ein toter 1,50-Meter-Wels im Schilf des Weihers. Ein noch größeres Exemplar wurde 2008 in Düsseldorf angeschwemmt: 1,80 Meter lang und mehr als 40 Kilo schwer war der Kadaver, den ein Spaziergänger am Wasserwerk Am Staad im Rhein entdeckte. Seither steht fest: Die Riesenwelse erobern auch das Rheinland.

„Schon seit Jahren werden immer wieder Welse gefangen“, bestätigt Ingo Pelz, stellvertretender Bezirksvorsteher des Rheinischen Fischereiverbandes in Düsseldorf. Auch hier in der Stadt hätten Angler immer wieder Exemplare von bis zu 1,40 Metern Länge am Haken — er selbst hat Welse um die 80 Zentimeter aus dem Rhein geholt. Ein größerer Fang ist selten. „Wenn man nicht gezielt auf Zwei-Meter-Welse geht — mit schwerem Gerät —, kriegt man sie eigentlich nicht aus dem Wasser“, erklärt Pelz. Eher reiße die Schnur.

Aber es gibt sie, sagt auch Biologe Fabio Rochol: „Der Bestand ist groß.“ Die Raubfische würden in Düsseldorf vor allem am Kraftwerk Lausward gefangen, wo Warmwasser in den Fluss geleitet wird. Auch in der Fachzeitschrift „Der Raubfisch“ wurde dieser Angelplatz schon als besonders „fängige“ Stelle ausgewiesen. Denn: Der Wels mag es ein bisschen wärmer.

Das ist auch der Grund für die Ausbreitung der Riesenwelse bis nach Düsseldorf, erklärt Stefan Staas, Geschäftsführer der Rheinfischereigenossenschaft NRW: Das Wasser des Rheins sei in den vergangenen Jahrzehnten ein paar Grad wärmer geworden. „Es ist recht neu, dass die großen Welse in unserem Rheinabschnitt vorkommen.“

Die Population zu bestimmen sei fast unmöglich, weil Welse in großer Tiefe leben und bei den jährlichen Zählungen kaum erfasst werden. Aber ein Fund wie der in Düsseldorf 2008 zeige: „Die Fische sind da.“ Das sehen nicht alle Experten unkritisch. „Dadurch, dass sie keine Feinde haben, vermehren sie sich sehr gut. Und gewinnen als Raubfische die Oberhand“, erklärt Ingo Pelz.

Denn schon nach einem Jahr sei ein Wels bis zu 50 Zentimeter groß und keine Beute mehr für Zander und Co. Die Besonderheit: Welse wachsen ihr Leben lang. Und das kann bis zu 80 Jahre dauern. Die Exemplare um die zwei Meter, die in den vergangenen Jahren vermehrt gesichtet wurden, haben laut Staas also „einige Jahrzehnte auf dem Buckel“.

Neben dem angeblich dackelreißenden „Killer-Wels Kuno“ gibt es inzwischen auch Berichte von Welsen, die Menschen angreifen: 2008 wurde eine Frau in einem Berliner See von einem Fisch attackiert — die Gebissspuren gehörten laut Experten zu einem Wels.

2012 soll ein Riesenwels von etwa zwei Metern in Österreich versucht haben, ein 14-jähriges Mädchen in die Tiefe zu ziehen. Sie erlitt Biss-Spuren, die angeblich von den Bürstenzähnen eines Welses stammten. Fische von dieser Größe sichtete eine Taucherin zuletzt im vergangenen Jahr im Hitdorfer See in Leverkusen und im Fühlinger See in Köln.

Solche Beobachtungen könnten dazu führen, dass die „Waller-Jäger“, die gezielt nach Riesenwelsen angeln, bald auch verstärkt in Düsseldorf aufschlagen. Denn: „Die Welse sind ausdrücklich nicht geschont“, sagt Stefan Staas. Und: „Er ist ein guter Speisefisch“, erläutert Pelz. Einen Zwei-Meter-Fisch auszunehmen und zu verarbeiten, sei allerdings mehr als aufwändig.

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