Schuldenkluft in der Stadt wird tiefer

Fast jeder achte Düsseldorfer über 18 ist überschuldet. Eine Studie zeigt, dass die Schere zwischen Stadtteilen weiter auseinandergeht.

Schuldenkluft in der Stadt wird tiefer
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Düsseldorf. 62.400 Düsseldorfer waren im vergangenen Jahr überschuldet. Das sind 500 mehr als im Jahr 2013, die Schuldner-Quote lag bei 12,34 Prozent. Das Schuldenvolumen lag unverändert bei gut zwei Milliarden Euro. Diese und weitere Zahlen samt Analysen hat am Freitag die Creditreform Düsseldorf / Neuss vorgelegt. Als überschuldet gilt, wer in die Privatinsolvenz (früher nannte man das „Offenbarungseid“) gegangen ist, aber auch, wer „nur“ nachhaltige Zahlungsprobleme bei mehreren Gläubigern hat.

62400 Düsseldorfer waren im vergangenen Jahr überschuldet.

62400 Düsseldorfer waren im vergangenen Jahr überschuldet.

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Zwar war die Schuldennot in Jahren wie 2006 (14,5 %) oder 2008 schon einmal deutlich größer, dennoch bleibt die Lage in Düsseldorf trotz der anhaltend guten Konjunktur sehr ernst. „Dramatisch ist vor allem die Spreizung der Verschuldung über die Stadtteile“, sagt Edgar Roumen, der Geschäftsleiter der Creditreform.

Der Schuldneratlas (siehe Grafik rechts) zeigt in der Tat, wie unterschiedlich es in den einzelnen Stadtteilen aussieht. Dass es in reichen Quartieren mehr Schuldner als in sozialen schwachen gibt, ist weder neu noch erstaunlich: „Doch die Schere geht Jahr für Jahr weiter auseinander“, hat Roumen festegestellt. Am weitesten voneinander entfernt haben sich in dieser Hinsicht demnach Himmelgeist (Schuldnerquote: 4,0 %) und die Altstadt (29,1 %). Aber auch die Quoten von Angermund und Wittlaer (je 5,3 %), Lörick und Stockum (je 5,8 %) wirken wie aus einer anderen Welt im Vergleich zur Stadtmitte (23,5 %), zu Flingern-Süd (23 %), Oberbilk (20,1 %) oder Reisholz (19,9 %).

Auf der einen Seite ist jeder 20., in der Schuldenfalle, auf der anderen jeder fünfte. Problematisch ist zudem, dass vor allem die „harte“ Überschuldung in Düsseldorf seit Jahren zunimmt, gemeint sind die Fälle, wo Personen, massiv und kaum reversibel in Zahlungsnot („Schuldenspirale“) stecken.

Hinzu kommt, dass Düsseldorf nicht nur im Bundes- und Landesvergleich viele Schuldner aufweist, sondern selbst bei den Großstädten mit mehr als 400 000 Einwohnern schlecht, nämlich auf dem siebtletzten Rang steht — nur in Duisburg, Dortmund, Essen, Leipzig, Berlin und Bremen ist die Schuldnerquote noch höher.

Das wiederum liegt, obschon es paradox klingt, auch am großen Wohlstand und der Konsumfreude in der Landeshauptstadt. „Die basiert auch auf der speziellen Milieustruktur in Düsseldorf mit relativ vielen Hedonisten, etwa unter den sogenannten Kreativen. „Die geben gerne Geld aus, auch wenn sie es vielleicht gerade gar nicht haben“, analysiert Rainer Bovelet, der wissenschaftliche Leiter des Schuldner-Atlas. Auch eine „spaß- und erlebnisorientierte Schicht“ ohne großes Einkommen sei am Rhein überproportional vertreten.

Außerdem sei die „Ausgabenvorsicht“ beim Düsseldorfer im Schnitt eher schwach ausgeprägt, analysiert Bovelet, selbst im Vergleich zum ähnlich schicken, reichen und teuren München.

„Statuskonsum“ allerdings spielt auch bei der durch Armut ausgelösten Überschuldung eine Rolle, im „Prekariat“, wo Menschen äußerlich mithalten, Benachteiligungen kompensieren wollen und Dinge kaufen, die sie sich nicht leisten können. Bovelet: „Da animieren auch die Mini- oder Null-Zinsen zu verführerischen Ratenkäufen, die manchen dann schnell über den Kopf wachsen.“ Und natürlich spielen in Düsseldorf zudem auch harte Faktoren wie die überproportional hohe Arbeitslosigkeit sowie die außerordentlich hohen Mietpreise eine wichtige Rolle.

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