Der gefeierte Wilhelm Marx

Der Oberbürgermeister machte um 1900 Düsseldorf zur pulsierenden Großstadt.

Düsseldorf. „Hm, Euere Majestät, das muss man einmal überlegen“, antwortete Oberbürgermeister Wilhelm Marx 1902 dem Kaiser Wilhelm II. beim Besuch der großen Ausstellung auf dessen Vorschlag, dass die Stadt Düsseldorf das marode Schloss Benrath doch kaufen solle. Hoheit war brüskiert und wandte sich entrüstet ab.

Obwohl Marx den Kaiser so freundlich und mutig „abbügelte“, musste er nicht um sein Amt fürchten. Er wusste, dass seine Stadtverordneten „über dieses kaiserliche Angebot nicht erbaut sein würden“. Marx ersparte der Stadt hohe Kosten. Die kaiserliche Hausverwaltung wollte nämlich eine ganze Reihe von kostenträchtigen Schlössern abstoßen.

Als „imponierende Erscheinung von natürlichem Selbstbewusstsein mit großer Begabung in der Menschenführung“ und „weitem Blick“ (in die Zukunft) bezeichneten Zeitgenossen Marx. Kaum ein städtischer Lebensbereich, der während seiner Amtszeit nicht einen bedeutenden Aufschwung genommen hätte, auch wenn ihm nicht alles gut gelungen war.

Der Generalanzeiger, Vorläufer der Westdeutschen Zeitung, schrieb 1910 über die Dienstjahre als Beigeordneter, dass man schon „den zukünftigen Meister“ erkennen konnte, der die übertragenen Aufgaben „mit frischer Tatkraft anfasste“, „ohne die Vertreter älterer Auffassungen zu verletzen“.

Die einstimmige Wahl zum Bürgermeister am 11. November 1898 machte deutlich, welches große Vertrauen die Stadtverordneten in Marx hatten. Mit „Wagemut und Unternehmungsgeist“, erreichte Marx, dass sich die Einwohnerzahl von 1888 bis 1910 auf fast 359 000 mehr als verdreifacht hatte, inklusive der zahlreichen Eingemeindungen.

Die Liste seiner meist städtebaulichen Projekte ist lang. Dazu gehören u.a.: erstes städtisches Hallenbad, Ausbau der Versorgungsbetriebe, der Rheinhafen, Bau der Oberkasseler Brücke, Gründung der Rheinbahn, Ausbau des Schulwesens und der Krankenanstalten, größte Aktion in Deutschland zur Beschäftigung von Arbeitslosen, Einrichtung des Oberlandesgerichts, glanzvolle Ausstellungen, Bau des Stahlhofs (Sitz des neugegründeten Stahlwerkverbandes), Ansiedlung weiterer Industrieverbände (Schreibtisch des Ruhrgebiets), Unterstützung von Apollo-Theater und Schauspielhaus, Luftschiffhalle (Ziel: Aufbau städtischer Luftschiffverbindungen), Einrichtung von unterschiedlichen Finanzierungsfonds. Historisch bedauerlich: der Abriss des Berger Tors.

Das Düsseldorfer Tagesblatt schaute 1910 zurück: „Mitunter wollte seinen Mitarbeitern im Stadtrate der Atem ausgehen bei der stürmischen Fahrt. Aber seine überzeugende Art, seine hypnotisierende Willenskraft siegte zumeist über alle Bedenklichkeiten, und fast immer gelang es ihm, durchzusetzen, was im allgemeinen Interesse unerlässlich schien.“ Straßburger Post und Berliner Zeitungen berichteten 1910 über seine Verabschiedung als OB und bescheinigten ihm, dass er „nicht nach der Art verknöcherter Bürokratenseelen sich in Kleinigkeiten“ verloren hat.

Nach dem Ausscheiden aus den Diensten der Stadt setzte er sich nicht zur Ruhe, sondern widmete sich dem Handel und der Industrie, so als Mitglied vieler Aufsichtsräte. Marx war Mit-Initiator zur Gründung des Industrieclubs 1912. In seiner Eröffnungsrede als erster Vorsitzender nannte er ihn eine „Erholungsstätte für die Kämpfer am sausenden Webstuhl der Zeit“, womit er sich auch selber hätte beschreiben können.

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