Gründgens, die Bühnenlegende

Zeitzeugen schwärmen von Gründgens’ schauspielerischem Talent, aber auch von seinem Umgang mit den Menschen.

Düsseldorf. „GG“, zwei Buchstaben, die ältere Theatergängerinnen noch heute schwärmen lassen. Und auch ein Jubiläum weckt in diesem Jahr Erinnerungen. Der 50. Todestag von Gustaf Gründgens steht an.

Der „ewige Mephisto“ vereinigte zeitweise drei „Funktionen“ in einer Person: Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter. Dabei sind ihm das Leben und die Realität zu kurz gekommen. „Ich habe nur eins gewollt in meinem Leben: Schauspieler sein. Alles andere war surplus, das kam dazu.“

Wenige Monate vor seinem Tod 1963, nach der Niederlegung der Intendanz am Hamburger Schauspielhaus, sagte Gründgens: „Wenn ich jetzt diesen Einschnitt gemacht habe, so um noch rasch zu lernen, wie man lebt“.

In der „Hochschule für Bühnenkunst“ (1919/20) bescheinigten ihm die Gründer Louise Dumont und Gustav Lindemann: „Herr Gustav (noch mit „v“) Gründgens besitzt ein ungewöhnliches Talent für die sinnfällige Ausformung der seelischen Struktur problematischer Naturen; seine starken Ausdrucksmittel sind mit energischem Willen gepaart und gut diszipliniert. Bei einem ungestörten Verlauf der Entwicklung dürfte der Gestaltungskraft Herrn Gründgens das ganze Gebiet kompliziertester Charakterrollen in der klassischen dramatischen Literatur offen stehen.“

Sein Weg führte über Hamburg 1928 auch nach Berlin. 1932 löst er den Vertrag: „Nichtssagende Rollen, unwichtige Inszenierungen: nach dem Abitur zurück in die Sexta. Mit Erfolgen auf Nebengebieten meiner eigentlichen Begabung, gelingt es mir mich durchzusetzen. Ich habe ein Gesicht bekommen. Aber ich habe nicht mein Gesicht.“

Theaterkritiker Otto Schabbel 1932: „Auch Gründgens sieht man ungern ziehen. Prototyp dekadenter Jünglinge und Neurastheniker. Das Morbide, Brüchige des modernen Nervenmenschen bekam immer mehr Farbe in seiner technisch von mal zu mal reiferen Gestaltung. Auch als Regisseur zeigte er nicht bloß Sinn für parodistische Einfälle. Geist und Geschmackskultur drückten sich in all seinen Inszenierungen aus.“

„Hoppe Hoppe Gründgens, die kriegen keine Kindgens; und wenn die Hoppe Kindgens kriegt, dann sind sie nicht von Gründgens“, spotten die Berliner laut Archiv des Theatermuseums München in Anspielung auf Gründgens’ Homosexualität und eine der prominentesten Hochzeiten des Jahres 1936: Gustaf Gründgens heiratet die Schauspielerin Marianne Hoppe.

„GG“ über seine Erfolgszeit 1933-1945: „Die Unsicherheit, in der wir alle lebten, ließ uns die Bühne als den einzig sicheren Faktor erscheinen.“ Der Preis für „die rettende Insel“ des Preußischen Staatstheaters war, kulturelle Repräsentanten des nationalsozialistischen Deutschlands zu sein. Theatermuseumsleiter Winrich Meiszies: „Dennoch gelingt es ihm, gerade indem er sich für ein nationalsozialistisches Theater einzusetzen vorgibt, nationalsozialistische Stücke im Spielplan zu verhindern.“

1947 ist Gründgens in seiner Heimatstadt „Generalintendant der Städtischen Bühnen“ und 1951 wird die „Neue Schauspielhaus GmbH“ gegründet. Ein Erfolg in Gründgens’ Kampf mit der Bürokratie.

Kostümbildner Walter Zemma erinnerte sich 1992 an die Zeit, als mit „GG“ das Haus wieder zur großen Bühne Deutschlands wurde: „An Gründgens schätzte ich sehr, wie er mit Menschen umgegangen ist. Er stellt hohe Ansprüche. Und wenn mal ein Fehler passierte, wusste Gründgens damit umzugehen. Er konnte unterscheiden, ob der Fehler auf Unfähigkeit oder zu wenig Erfahrung zurückzuführen war. Und danach handelte Gründgens. Übel war es aber, wenn man versuchte, den Fehler von sich zu weisen und anderen in die Schuhe zu schieben.“

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