Heine liebte den Hofgarten

Romantischer Dichter und scharfer Analytiker: Heine, der begnadete Stilist, ist ein weltbekannter Düsseldorfer.

Düsseldorf. 1989: Die Universität der Landeshauptstadt bekommt den Namen des berühmtesten Sohnes der Stadt. Schon 1965, in der Gründungsphase der Uni, wurde Heine als Namenspatron vorgeschlagen. Nach zahlreichen Ablehnungen, einer Bürgerinitiative „Heinrich-Heine-Universität“ und weltweitem Aufsehen fädelt der damalige Rektor Gert Kaiser im Stadtjubiläumsjahr 1988 die Umbenennung ein — und hat Erfolg.

Was hätte wohl Heines Mutter Betty gesagt, wenn sie um Gegner und Fans des Dichters gewusst hätte — nicht nur bei der Benennung der Uni, sondern auch bei Denkmal-Streitereien oder Straßenbenennungen. Sie selbst hatte für ihre Kinder andere Karrierepläne. „Sie hatte nämlich damals die größte Angst, dass ich ein Dichter werden möchte (...) ein Poet war ein zerlumpter, armer Teufel, der für ein paar Taler ein Gelegenheitsgedicht verfertigt und am Ende im Hospital stirbt.“

Im Pariser Exil blickt Heine mit Heimweh auf seine unbeschwerte Kindheit zurück. Er spielte auf dem „Schlossplatze zu Düsseldorf am Rhein“. Einer seiner Lieblingsorte ist als Kind der Hofgarten, wo er in eine Sitzbank den Namen einer Freundin ritzt und 1811 den Einzug Napoleons miterlebt. Als er seinem Vater hilft, Geld der Armenkasse an Bedürftige zu verteilen, lernt er neben den sozialen Verhältnissen auch den „höflichen Umgang“ mit armen Menschen kennen.

In die frühen Jahre hinein gehören die Besuche bei seinem Onkel Simon von Geldern, einem „Lebenskünstler ohne bürgerlichen Beruf“, in der „Arche Noah/Noä“, in der Mertensgasse Nr. 1. Dessen exzentrische Welt und große Bibliothek regen Heine zum Schmökern und Schreiben an.

Trotz „Überempfindlichkeit gegen Lärm, lautes Reden oder Klavierspielen“ hat Heine Geigen- und Zeichenunterricht. Beide Fächer bleiben Versuche, umso mehr saugt er über seine Lehrer im Lyzeum den Einfluss verschiedener kultureller Strömungen auf, die zu seinem Fundament als „kosmopolitischer Dichter“ werden.

Der „freiheitliche Geist der Französischen Revolution“ zieht mit der französischen Besatzung Düsseldorfs auch in die Gedankenwelt des jungen Heine ein und lässt ihn nie wieder los.

Aus den Versuchen, ihn für einen kaufmännischen Beruf zu gewinnen, wird nichts. Er lässt sich lieber vom Tagesgeschehen inspirieren und schreibt abends seine Verse dazu. Im Jura-Studium besucht er gerne Vorlesungen über deutsche Sprache und Dichtung.

Er tritt der Studentenverbindung „Allgemeinheit“ bei, fordert in Göttingen einen Mit-Studenten zum Duell heraus und muss schließlich die Stadt verlassen. In Berlin veröffentlicht Heine dann erste Texte in einem Umfeld, das ihm düster erscheint, manche Vorlesungen werden durch die Polizei beobachtet.

Heine ist Journalist für eine Zeitung im preußisch besetzten Rheinland und erfährt in Berlin zunehmend Anerkennung für seine Arbeit, wohingegen „der Zensur in Berlin“ seine journalistischen Schreibweisen über das gesellschaftliche Leben missfallen. Bevor er 1825 zurück in Göttingen zum „Doktor der Rechte“ promoviert, lässt er sich protestantisch taufen, aber das verhilft ihm nicht zu einer Anstellung im Staatsdienst.

Zunehmend werden Texte zensiert, Heine wird angefeindet und geht 1831 nach Paris, arbeitet dort als Korrespondent für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“. Seine Schriften werden 1833/35 in Deutschland verboten. Heine genießt das Leben in Paris mit Größen wie Dumas, Humboldt, Berlioz und versucht in seinen Werken „eine Brücke zu bauen zwischen Franzosen und Deutschen“. 1841 heiratet er die Verkäuferin Eugenie Crescentia Mirat (Mathilde).

Texte als Abrechnung mit Staat, Kirche und Gesellschaft entstehen. In den 1840er Jahren werden sie vor dem Hintergrund des Weberaufstandes und der Revolution 1848/49 radikaler. Bald zwingt Heine seine Krankheit in die „Matratzengruft“. Aber selbst in körperlich schlechter Verfassung hat er Schaffenskraft. Humor und Leidenschaft verlassen Heine nie ganz.

Einer seiner schönsten Sätze ist eine wunderbare „Werbung“ für Düsseldorf und zeigt des Dichters Heimweh deutlich: „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt, und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müßte ich gleich nach Hause gehn. Und wenn ich sage nach Hause gehn, so meine ich die Bolkerstraße und das Haus, worin ich geboren bin...“

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