WZ-Gespräch: Drei Wirte äußern sich zur Entwicklung der Bolkerstraße

Wie steht es um die Altstadt? Drei Wirte aus Hausbrauerei, Partylokal und Szeneclub im Zwiegespräch.

Düsseldorf. In Kürze eröffnet in der Altstadt die „Villa Wahnsinn“, die mit Skihüttenatmosphäre und Animation wirbt. Wird die Altstadt „ballermanisiert“? Die WZ bittet drei Herren mit unterschiedlichem Blickwinkel auf die Entwicklung zur Diskussion: Peter Klinkhammer, der mit „Dä Spiegel“ und „Bierhaus Zille“ zwei Partylokale führt, Karl-Heinz Gatzweiler, der die Hausbrauerei „Im Schlüssel“ an der Bolkerstraße betreibt, und Henry Storch, Gründer des ehemaligen „Unique Clubs“ an der Bolkerstraße, heute mit dem „Blue Note“ ausgewandert in die Kurze Straße.

Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung in der Altstadt?

Karl-Heinz Gatzweiler: Früher war das Geschäft kontinuierlicher. Ich erinnerne mich, dass die Umsätze mittwochs so gut waren wie samstags. Heute konzentriert es sich mehr auf die Wochenenden. Aber ich finde die Altstadt noch immer sehr attraktiv.

Henry Storch: Das sehe ich ähnlich. Allerdings ist es sehr viel schwerer für Neueinsteiger geworden, die einen kreativeren Ansatz haben, außerhalb der Systemgastronomie. Solche Leute müssen in Düsseldorf in die Außenbezirke, nach Flingern zum Beispiel. Früher gab es in der Altstadt noch eine Mata-Hari-Passage, die auch Trendsetter anzog, heute ist dort Burger King. Früher saß ein Immendorff im Weißen Bär, dieses Publikum kommt nicht mehr. Auch die Jazz Rally findet auf der Bolkerstraße nicht statt.

Gatzweiler: Tatsächlich gibt es eine Konzentration auf eine bestimmte Art von Gastronomie, die vor allem Partypublikum und Junggesellenabschiede anzieht. Ich persönlich finde das nicht gut. Aber wer soll entscheiden, was gut ist und was nicht?

Peter Klinkhammer: Das Partypublikum war immer in der Altstadt. Das finde ich nicht schlimm. Das Problem ist eher die Gleichartigkeit der Betriebe. Die führt zu einer verschärften Konkurrenzsituation, da außer bei bestimmten Messen, an Karneval und etwa 30 Wochenenden im Jahr nicht genügend Publikum für diese Läden da ist. Auf der Bolkerstraße fehlt der Mix.

Hat sich dieses Partypublikum denn verändert? Wird heute anders gefeiert als früher?

Klinkhammer: Betrunken hat man sich auch schon vor 30 Jahren — davon leben wir. Das Problem ist eher, dass der gemeine Düsseldorfer mittlerweile über den östlichen Teil der Bolkerstraße mit seinen Brauereien nicht mehr hinaus will. Denn dahinter verengt es sich auf ein bestimmtes Publikum. Inzwischen wird man sogar auf der Straße angesprochen und in die Läden gelockt. Und da sagen eben viele Düsseldorfer: Das ist ja wie auf Mallorca.

Storch: Hinzu kommt, dass die Party nicht mehr nur im Laden stattfindet, sondern auf die Terrasse getragen wird, wo schon Freitagsmorgens die Kegelclubs einfallen, wo es laute Musik und mittlerweile überall Plasmabildschirme gibt. Kulturtouristen, die ja auch nach Düsseldorf kommen, werden davon abgeschreckt.

Klinkhammer: Dieses Aufrüsten der Terrassen ist richtig beobachtet. Ich hatte zuerst auch nur einen Fernseher für Großereignisse, jetzt läuft Sport überall täglich.

Aber was will man machen, wenn nur die Terrassen mit Bildschirm voll sind?

Gatzweiler: Man kommt als Wirt in Zwänge. Peter, du hattest auch schon Tänzer auf der Theke bei einer Messe.

Klinkhammer: Das stimmt. Das ist eben das Problem der Gleichförmigkeit und der Konkurrenz.

Herr Gatzweiler, wie geht es Ihren Gästen eigentlich mit diesen Entwicklungen auf der Bolkerstraße?

Gatzweiler: Es gibt schon mal Beschwerden wegen der Lautstärke. Aber nach Mitternacht, wenn es wilder wird, sind unsere Gäste schon wieder zu Hause. Außerdem schaffen wir auch einen Kontrast — wir bewirten etwa den Innenhof der Neanderkirche. Das ist ein echter Ruhepol auf der Bolkerstraße.

Herr Storch, der Unique Club brachte auch Abwechslung in die Bolkerstraße. Jetzt sind sie in der Kurze Straße. Froh darüber?

Storch: Natürlich. Der Unique Club würde heute auf der Bolkerstraße nicht mehr funktionieren. Die Kurze Straße ist dagegen individueller, nicht so sehr auf den Mainstream aus.

Entstehen also unterschiedliche Viertel im Viertel, das Treffen der Generationen auf der Ratinger, die Studenten und Alternativen auf der Kurze Straße und das Partypublikum auf der Bolkerstraße?

Klinkhammer: Das ist so. Allerdings: Später am Abend kommen auch Leute von der Ratinger auf die Bolkerstraße.

Apropos eigener Beitrag: Wer bei ihm feiert, kann ein Wirt ja durchaus selbst entscheiden. Wie gehen Sie mit Junggesellenabschieden und Co. um?

Storch: Die bleiben draußen! Gatzweiler: Wenn sie laut sind und singen, sprechen die Köbesse sie an. Die merken dann schnell, dass sie nicht zu uns passen.

Klinkhammer: So lange sie sich benehmen, dürfen sie rein.

Vor zwei Jahren wurde viel über massive Gewalt in der Altstadt diskutiert. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Klinkhammer: Seit viel Polizei da ist, ist es sehr viel ruhiger. An der Ecke Bolkerstraße/Mertensgasse steht die ganze Nacht ein Polizei-Bully — und wir finden das gut. Zudem hat sich die Abschaffung der Sperrstunde mehr als bezahlt gemacht, so knubbelt es sich um 5 Uhr nicht mehr so sehr.

Storch: Gemessen an den Menschenmassen, die in der Altstadt sind, halten sich die Übergriffe in Grenzen. Aber: Auch für die Sicherheit wäre ein Mix besser. Wir mussten im Unique in elf Jahren zwei Mal die Polizei rufen — und zwar weil ein Gast nicht zahlen wollte.

Was halten Sie von einem nächtlichen Alkoholverbot auf den Altstadtgassen, wie es die Landes-CDU aktuell fordert?

Klinkhammer: Als Wirt würde ich das natürlich aus wirtschaftlichem Interesse begrüßen, aber als Bürger bin ich gegen diese Reglementierung.

Gatzweiler: Das sehe ich auch so. Allerdings ist es ein Widerspruch, dass wir um 0 Uhr die Terrassen schließen müssen, während die Büdchen weiter Alkohol verkaufen dürfen. Dadurch ist das Ziel, nächtliche Ruhestörungen zu vermeiden, nicht erreicht.

Bei allen Problemen, die es in der Altstadt gibt, warum sind Sie alle drei trotzdem noch dort?

Storch: Ach, ich bin nun einmal Düsseldorfer . . .

Klinkhammer: Ich werde den Rest meines Berufslebens in der Altstadt verbringen. All das hier, davon bin ich überzeugt, wird es in Jahrzehnten noch geben. Werbung muss man hier nicht machen, die Leute kommen einfach.

Gatzweiler: Als Jugendlicher war ich immer froh, mal aus Düsseldorf rauszukommen. Aber in den letzten 20 Jahren bin ich mehr und mehr begeistert von unserer Stadt. Ich glaube, auf der ganzen Welt gibt es nicht so viele Hausbrauereien und vielfältige Lokale auf engstem Raum wie in der Altstadt. Das macht sie interessant.

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