Zwischen Party und Prügelei: Eine Nacht auf der Bolkerstraße

Streit, Raub, Köperverletzung — für die Polizei gehört all das zu einem ganz normalen Samstagabend auf der Bolkerstraße.

Düsseldorf. Glasflaschen zerspringen auf dem Pflaster, Feiernde grölen gegen die Musik an, die aus den Eingängen schallt. Aus der einen Ecke hört man DJ Ötzi, woanders die Atzen, an der nächsten Ecke Matthias Reim. Viele Besucher der samstagabendlichen Bolkerstraße wollen hier einfach nur die Woche hinter sich lassen, sie suchen nichts mit Anspruch.

Trotz des kalten Wetters herrscht auch reges Leben auf der Straße. Zwischen weggeworfenen Sektflaschen und Fast-Food-Papiermüll stehen auch noch gegen halb zwei Menschen vor dem Oberbayern an, um hineinzukommen. Drinnen scheinen vor allem Gymnasiasten und Auszubildende zu feiern, die sich heute in ihr schickstes gebügeltes Hemd geworfen und die Haare besonders akkurat zurückgegelt haben.

Ähnlich ist die Szenerie im Holzwurm — rustikales Skihüttenflair und viel Holz bestimmen das Bild des Lokals, die Gäste tanzen, singen und tun vor allem eines: trinken. Wie es die Besucher wohl aus ihrem Mallorca-Urlaub kennen, gibt es auch in der Altstadt die Getränke eimerweise. Im Düsseldorfer Ballermann 6 werden Becher mit langen Strohhalmen durch die engen Wege getragen.

Langsam torkelt ein offensichtlich angetrunkener Feiernder durch die Bolkerstraße. Er stolpert über die provisorisch verlegten Platten auf der Straße, mit der die Kanalbaustellen zugedeckelt sind. Er schwankt, fängt sich aber wieder und schafft es, auf den Beinen zu bleiben.

Vor dem Kuhstall blitzt das Stroboskop und blendet mit grellem Licht die anstehenden Besucher. Schon von weitem ist das Blitzen erkennbar, man kann ihm sich nicht entziehen, wenn man durch die Straße gehen will.

Eigentlich werde man im Kuhstall nicht gern in einem Atemzug mit einigen der anderen Lokale genannt, erzählt ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Ballermannmusik gebe es nicht, es solle eher in die Clubrichtung gehen, als in Richtung Après Ski. Junggesellenabschiede sind aber auch hier willkommen.

Drinnen ist eine Gruppe junger Mädchen unterwegs, die schwarze T-Shirts und rosa Mützen wie Uniformen tragen, die Atmosphäre wirkt nicht anders als in den anderen Lokalen. Mike Hane und sein Kumpel Henry Guerra Garcia aus Rath, beide 21, sind regelmäßig hier. „Eigentlich jedes Wochenende“, sagt Hane. Hier treffen sie ihre Freunde, welche Musik in den umliegenden Bars gespielt wird, interessiert ihn nicht. „Ich komme sowieso immer nur hierher, die Ballermann-Kneipen sind nichts für mich.“

Die Polizeipräsenz ist besonders nach der Messerstecherei, die Anfang Januar in der Bolkerstraße stattfand, besonders hoch. Zwei Busse stehen am U-Bahn Eingang der Heinrich-Heine-Allee, ein weiterer an der Ecke zur Kapuzinergasse. Zu viert oder zu sechst patrouillieren die Polizisten durch die Altstadt.

Seit etwas über drei Jahren arbeitet die Polizei mit diesem Konzept, zeigt an den Wochenenden besonders viel Präsenz. Pöbelnde Personen werden direkt angesprochen und ihre Personalien überprüft. Oft werden auch Platzverweise ausgesprochen. „Durch dieses gezielte und konsequente Einschreiten haben wir die Altstadt sehr gut im Griff“, sagt Polizeisprecherin Susanna Heusgen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Beamten immer sichtbar sind, die Feiernden stets einen Ansprechpartner finden können.

Während sich die Straße gegen halb vier langsam leert, führen Polizeibeamte in der Mertensgasse zwei Jugendliche ab. Auch in den Lokalen wird es immer leerer. Nur wenige Übriggebliebene tanzen noch zu Chubby Checkers Hit „Let’s twist again“ im Oberbayern, junge Mädchen in kurzen Röcken machen sich frierend auf den Weg nach Hause.

Vor dem Eingang wird eine Gruppe junger Männer immer lauter. Sie pöbeln, gehen weiter auf einander zu, der Erste wird durch einen Schubser zu Fall gebracht. Ein anderer Mann greift ein, Heizstrahler fallen um. Die Türsteher beobachten die Szene zuerst genervt, greifen dann ein. Für sie sind Situationen wie diese hier Routine.

Statistisch nimmt die Zahl der Straftaten in der Altstadt jetzt noch einmal zu. Kurz nach Mitternacht und gegen Lokalschluss zwischen vier und fünf Uhr passiere am meisten, sagt Heusgen. Auch in dieser Nacht hat es wieder Streitigkeiten, Raube und Körperverletzungen gegeben. „Kein besonderes Wochenende“, so die Polizeisprecherin.

Kurz bevor die Rheinbahn wieder ihren Betrieb aufnimmt, sind vor allem die Döner- und Pizzabuden gefüllt. Nur ein einzelner Rosenverkäufer versucht noch seine Blumen loszuwerden, ein Straßenmusiker mit Frank-Zappa-Bart spielt einsam seine Lieder auf der Gitarre. Langsam nimmt auch die Polizeipräsenz wieder ab — bis zum nächsten Wochenende.

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