Integration I: Neustart in Düsseldorf für jugendliche Flüchtlinge

Das Franz-Jürgens-Berufskolleg betreut zwölf Jugendliche, die ohne Angehörige nach Deutschland geflohen sind.

Düsseldorf. Wer Shuan und Abdulbaset im Klassenzimmer begegnet, der hat den ersten Eindruck, dass hier ganz normale Düsseldorfer Jugendliche vor ihm sitzen. Lässige Klamotten, gegelte Frisuren, ein freundliches Lächeln. Doch im Gegensatz zu vielen Altersgenossen sind sie nicht in Deutschland geboren, sondern haben einen langen Weg hinter sich. Shuan ist Iraker, Abdulbaset wurde in Afghanistan geboren. Beide sind aus ihren Heimatländern geflohen.

Schon für einen Erwachsenen ist eine Flucht aus der Heimat sehr belastend. Shuan und Abdulbaset sind ohne Familie geflohen. Im besten Teenageralter, während ihre deutschen Altersgenossen erste Erfahrungen mit Mädchen und Partys machen, kam Abdulbaset alleine aus Afghanistan. Vierzehn Monate ist das jetzt her. Seitdem wohnt der 17-jährige im Theodor-Fliedner-Heim der Kaiserswerther Diakonie. "Ich komme aus der Nähe von Kabul, dort war das Leben sehr schwer", erklärt er den Grund für die Flucht.

Shuan erging es vor vier Jahren ähnlich. Der 20-jährige lebte im kurdischen Nordteil des Iraks, eine unsichere Region: "Man weiß nicht, was morgen passiert, man muss immer aufpassen."

Eine Perspektive hatten beide in ihrer Heimat nicht, dafür eröffnen sich in Düsseldorf neue Möglichkeiten. Ihr Aufenthalt in Düsseldorf ist nur "geduldet", trotzdem können die beiden eine weiterführende Schule besuchen. Seit diesem Schuljahr gibt es am Franz-Jürgens-Berufskolleg eine Klasse für Jugendliche wie Shuan und Abdulbaset. Zwölf Schüler aus Afghanistan, Irak oder Guinea lernen Deutsch und werden auf das Berufsleben vorbereitet.

"Die Hoffnung ist, dass sie eine Ausbildung bekommen", sagt Lehrer Andreas Hintzen. Im Vordergrund steht der Sprachunterricht. Nach 14 Monaten spricht Abdulbaset schon verständlich Deutsch, gibt aber zu: "Ich kann es noch nicht perfekt, vor allem die Artikel sind sehr schwierig." Einen Berufswunsch hat er allerdings schon, er will Tischler werden. Shuan kocht leidenschaftlich gerne, am liebsten Lasagne, deshalb will er Koch werden.

Mit vollem Einsatz arbeiten Shuan und Abdulbaset daran, in Deutschland anzukommen. "Die Lernbereitschaft in der Klasse ist hoch, die Schüler haben Interesse", lobt Hintzen. Auch im privaten Umfeld haben die beiden Anschluss gefunden. Shuan geht gerne mit Freunden in der Stadt feiern. Abdulbaset ist ein richtiger "Vereinsmeier" geworden: Er spielt Cricket bei den "Düsseldorf Blackcaps" und engagiert sich bei den Pfadfindern: "Wir waren schon in Essen und Berlin, das hat viel Spaß gemacht."

Wo sie in zehn Jahren stehen, können sich die beiden Schüler nicht ausmalen. Als geduldete Flüchtlinge ist ihre Zukunft in Deutschland nicht planbar. Während ihrer Schulzeit können sie nicht abgeschoben werden, für die Zeit danach bleibt Ungewissheit. Für Shuan ist aber klar: "Ich finde es in Deutschland besser, eigentlich will ich hier bleiben."

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