Eine Zeitreise in den Barock

Es ist nicht leicht, das passende Make-up zum Kostüm zu finden. Es sei denn, man ist Maskenbildnerin. Ein Selbsttest im Schauspielhaus.

Düsseldorf. Das perfekte Kostüm für die jecken Tagen zu finden, kann schwierig sein, geschweige denn das perfekte Make-up. Das soll ja auch passen. Kunterbunte Lippenstifte, knatschige Lidschatten oder Nagellacke, Glitzersprays und falsche Wimpern sind übliches Repertoire. Damit erhält man ein mehr oder weniger befriedigendes Ergebnis. Doch wenn es etwas ganz Extravagantes werden soll, dann kann nur der Profi helfen. Ich habe mich von der Maskenbildnerin des Schauspielhauses Sibylle Nothhelfer in eine feine Rokoko-Dame verwandeln lassen.

In der Maske hinter de Bühne des Schauspielhauses erwartet Nothhelfer mich bereits mit einem strahlenden Lächeln. Sie ist seit 25 Jahren Maskenbildnerin. Derzeit macht sie die Maske für das Stück Figaro, das im Schauspielhaus aufgeführt wird.

Ich setze mich auf den Platz vor dem mit zahlreichen Lampen bestückten, hell beleuchteten Spiegel und es geht sofort los: „Als Erstes stecken wir die Haare hoch, damit wir später die Perücke aufsetzen können“, sagt Nothhelfer und deutet auf die höchste Perücke im Raum.

Strähnchenweise wickelt sie mir die Haare hoch und steckt sie mit den Haarnadeln an, die ich in der rechten Hand halte. „Schneckeln“, so nennt sich das. „Das könnte jetzt etwas länger dauern, weil ihr Haar so dick ist“, warnt sie bereits zu Anfang.

Mit ihrer erfahrenen Fingerfertigkeit ist sie nach weniger als zehn Minuten fertig. Zuletzt muss noch ein Strumpf aufgesetzt werden. „Es muss alles sehr eng am Kopf anliegen, damit die Perücke auch richtig fest sitzt“, erklärt sie, während sie mir den schwarzen Nylonstrumpf überzieht, damit die echten Haare komplett verschwinden.

Bevor ich die Perücke aufgesetzt bekomme, ist aber erst mal das Gesicht an der Reihe. Zunächst die Grundierung. „Damals gehörte ja ein sehr heller Teint zum Schönheitsideal“, sagt Nothhelfer, während sie mit Schwämmchen in der Hand mein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit geisterhaft weiß pudert.

Dann sind die Augen an der Reihe. Nur ganz dezent. Augen wurden damals nicht so stark betont: Lidschatten, Lidstrich, Wimperntusche und Augenbrauen nachziehen. Hellen Lidschatten setzt sie für Stellen ein, die betont werden sollen. „Mit dunklen Farben kaschiert man“, erklärt die Maskenbildnerin und macht so scheinbar auch meine Nase schmaler. Sie selbst würde sich auch eher als „Charakterbauerin“ bezeichnen: „Anders als Visagisten gestalten wir ja Charaktere, die eine Rolle verkörpern.“

Zeit für die fantastische Rokoko-Frisur: Fast 30 Zentimenter hoch (ohne Federn), grau — wie es damals beliebt war — mit vielen kleinen Röschen dekoriert und einem unheimlichen Gewicht. Das Gestell im Inneren ist aus Draht. Es dauert eine Weile, bis ich mich daran gewöhnt habe, meinen Kopf damit bewegen zu können. Die Perücke wird, damit sie nicht rutscht, sorgfältig angesteckt.

Für den letzten Schliff betrachtet Nothhelfer für einen Moment ihr „Werk“ im Spiegel. „Ein kräftiges Rot für die Lippen fehlt noch“, sagt sie und greift zum Pinsel. Außerdem noch die künstlichen Schönheitsflecken und eine ordentliche Portion Rouge. Fertig ist das Make-up für den Auftritt der Rokoko-Dame — nach rund einer Stunde.

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