Eine kreative Zelle gleich nebenan

Erika Ruhl machte aus einer Boutique einen individuellen Treff.

Düsseldorf. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt? Gleich nebenan, im Grunde. Das Gute — für Erika Ruhl (56) ist das ein Café, das sie an der Grafenberger Allee 145 führt. Es liegt direkt neben dem Friseursalon „Heaven 7“, den sie ebenfalls leitet. Wie es heißt? „nebenan“.

Das „nebenan“ ist ein Ort des Zusammentreffens. Ruhl legt keinen Wert auf Autoritäten oder kreative Grenzen. Da passt das Buch, das auf dem Barhocker am Tresen liegt, irgendwie ins Bild. „Anarchie!“, steht in schwarzen Lettern über zwei Zeilen auf rotem Einband geschrieben. Ansonsten stehen Sachbücher über die Zeit der Hippies, Heine, Hendrix und Warhol im Bücherregal.

Ruhl zeichnet vor allem eines aus: Leidenschaft. „Ich habe an meine Idee geglaubt.“ Diese Idee kam Ruhl, die sich schon seit ihrer Kindheit für Kunst interessiert, als die Boutique an der Grafenberger Allee 145 wegen eines Todesfalls vor drei Jahren schließen musste. „Das Geschäft war 20 Jahre lang Dreh- und Angelpunkt der Nachbarschaft“, erklärt Ruhl. Dort habe man einen Kaffee getrunken und nebenbei einen Pullover gekauft.

Dass dieser Teil der Stadtteilkultur einfach wegbrechen sollte, war für die 56-Jährige undenkbar. Sie handelte. Kurzerhand entschied sie, neben dem Friseursalon zusätzlich ein Café zu führen, das gleichzeitig Treffpunkt und kreative Zelle sein sollte. Das „nebenan“ war geboren.

kultur im off

Heute wird im „nebenan“ gebastelt, gehäkelt, meditiert und gelesen. Es werden Musikfrühstücke veranstaltet, kleine Konzerte und Kulturbühnen. Wie auch im Friseursalon „Heaven 7“ können Künstler ihre Werke hier ausstellen. Frei nach dem Motto „Alles ist erlaubt“ macht Ruhl in ihrem Café all das, worauf sie und andere Lust haben. Mal probt ein Opernsänger bei ihr, mal werden Weihnachtslieder zur Feuerzangenbowle gesungen. Ruhl: „Das Café lebt vom Individuellen.“

Wichtig ist der Gastronomin jedoch, dass das Café kein Szene-Treff ist. Hier sollen Menschen zusammenkommen, gesellschaftliche sowie Altersgrenzen überwunden werden. „Jeder ist willkommen“, sagt Ruhl.

Das „nebenan“ ist ein Ort der etwas anderen Art. Die gesamte Einrichtung ist aus Trödel und Sperrmüll zusammengesucht. Vor den hölzernen Tischen gleicht kein Stuhl dem anderen. Die Sitzkissen sind von Gästen gestaltet. Es ist ein Ort, an dem Gäste Teile des Cafés selbst gestalten dürfen und Künstler eine Bühne finden. Das Gute liegt auch für sie im „nebenan“. Alle Teile der Serie im Netz.

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