Theater an der Kö: Anja Kruse hat Vaters Koffer immer dabei

Serie Künstlergarderoben: Schauspielerin Anja Kruse betritt kein Theater ohne ihren Garderobenkoffer. Vor dem Auftritt braucht die Buddhistin viel Ruhe.

Düsseldorf. Gekonnt trägt Anja Kruse frisches Rouge auf. Die zierliche Schauspielerin schaut konzentriert in den Spiegel, kämmt ihr dunkles Haar. „Ich schminke mich immer selbst“, sagt sie. Anja Kruse steht zurzeit im Theater an der Kö auf der Bühne und gewährte der WZ Einblick in ihren Rückzugsraum — eine Ausnahme. Denn in der Garderobe hat Anja Kruse am liebsten ihre Ruhe. „Es macht mich nervös, wenn jemand an mir herumzupft.“

Ganz entkommen kann sie dem nicht immer, denn für einige Rollen, wie die der guten Fee im Musical „Die Schöne und das Biest“, ist die Maske einfach zu aufwändig. „Das hätte ich alleine nicht hinbekommen.“ Ansonsten meidet sie jeden Kontakt — den zu Kollegen und den zu Anhängern.

„Auf Tourneen ist das aber teilweise mühsam“, sagt sie. Fans spüren den Weg zur Garderobe auf und lassen sich auch nicht so leicht wieder abwimmeln. „Ich sage dann: ,Ich komme doch auch nicht einfach in Ihr Bad’.“

Auf eine perfekte Ausstattung der jeweiligen Spielstätte ist Anja Kruse nicht angewiesen. Im Theater an der Kö dient ihr der Garderobentisch lediglich als Ablage: Eine Designer-Tasche steht dort neben einigen Blumen und Flaschen mit grünem Tee.

Den meisten Platz nimmt ein großer, aufgeklappter Metallkoffer ein. In die obere Klappe ist ein beleuchteter Spiegel eingebaut, an dem zahllose Bilder befestigt sind. Im unteren Teil befinden sich jede Menge Make-Up und andere Kosmetikartikel.

„Mein Vater hat ihn gebaut, er war ein Geschenk zu meiner ersten Tournee 1989. So habe ich immer ein Stück Zuhause dabei“, sagt Kruse. „Kaufen kann man so etwas nicht. Danach haben mich schon viele Kollegen gefragt.“

Die Fotos am Spiegel zeigen die 55-Jährige in aktuellen und vergangenen Rollen, in „Die Schöne und das Biest“ und „Winnetou“. Aber auch private Aufnahmen sind dabei, zum Beispiel von ihrer Hochzeit mit Jean-Louis Daniel.

Von den Kollegen zieht sich Kruse gerne zurück, ihre Erinnerungen und Vertrauten sind ihr aber stets präsent. Am oberen Spiegelrand haftet ein buddhistisches Sprichwort. „Mein Mentor aus meiner buddhistischen Gruppe in Paris hat es mir ans Herz gelegt. Ich praktiziere den Buddhismus schon seit 1994.“

Es ist ein Zuspruch, der vor einer herannahenden Welle warnt und Mut machen soll in besonders schweren Zeiten. „Und solche Momente hat jeder“, sagt Anja Kruse und blickt auf ihre Erinnerungen.

Das älteste Stück ist ein blauer Jade-Stein. „Eine Kollegin hat ihn mir geschenkt, bei meiner ersten Tournee“, sagt Kruse. Den Edelstein bewahrt sie in einem winzigen Safe auf, der in den Koffer eingebaut ist. „Wenn man auf Tour ist, ist Vorsicht geboten. Leider wird viel gestohlen.“

Im Theater an der Kö ist Anja Kruse regelmäßig zu Gast — und hatte dort überraschend ihren wohl jüngsten Verehrer. „Als ich im November 2006 in „Die Reifeprüfung“ mitspielte, hat es Joel, der kleine Sohn des Theaterchefs immer geschafft, genau dann hinter der Bühne zu sein, wenn ich mich umzog“, sagt die Schauspielerin und schmunzelt. „Er fand das wohl sehr spannend.“

Vater René Heinersdorff rief den Filius damals zur Räson. „Aber er war ja noch sehr klein, vielleicht drei Jahre alt.“

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