STADT-TEILCHEN O’zapft is! Düsseldorf feiert Oktoberfest

Tracht ist im Trend, doch Obacht vor bayrischer Bierseligkeit!

STADT-TEILCHEN: O’zapft is! Düsseldorf feiert Oktoberfest
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Düsseldorf. Mit Stäbchen essen können wir inzwischen ziemlich gut. Dafür sorgt schon die chinesische Gemeinde mit vielen authentischen Restaurants und erst voriges Wochenende wieder mit einem gelungenen China-Fest auf dem Burgplatz. Auch unserem Ruf als Nippon am Rhein werden wir als Gastgeber und Gäste unserer japanischen Community in vielerlei Hinsicht gerecht — schon, weil die sich jedes Jahr so himmlisch mit einem grandiosen Feuerwerk bedankt.

Doch jetzt droht eine Invasion aus ganz anderer Richtung. In den Supermärkten stapeln sich die Dosen mit den blauweißen Rauten: Weißwürschte, Leberknödel, Maultaschen, Kraut, das passende dünne Bier dazu. Die Bayern scheuen sich noch nicht einmal, unserem scharfen Düsseldorfer Löwen ihren süßen Senf ums Maul zu schmieren.

In den Modeläden bauschen sich die Dirndl in allen Variationen mit sämtlichem Zubehör. Wobei auch die Preise oft ziemlich aufgebauscht sind. Besonders für Bling-Bling-Barbie-Dirndl in Babyrosa, bestickt mit lauter Glitzersteinchen. Wo trägt man so was? Na, vielleicht bald beim „Trachten-Clubbing“ in der Rheinresidenz. Oder im Quartier Bohème, wenn dort ein Fass aufgemacht, o’zapft is. „Ohne Tracht, Dirndl und Lederhose kein Spaß“ heißt es in der Einladung. Das Oktoberfest am Rhein ufert förmlich aus: Die weiße Flotte lässt es zu Wasser und tischt an Bord ein rustikal-bayerisches Buffet auf. Auch hier lautet der Dress-Code Dirndl und Krachlederne.

In sämtlichen Stadt-Teilchen sind Oktoberfeste angesagt. Schamlos nutzen die Bayern unsere Schwächen aus — der Rheinländer feiert und verkleidet sich bekanntlich gerne. Das Bayernzelt auf unserer Großen Kirmes reicht ihnen offensichtlich nicht. Sie wollen auch noch den Oktober vergolden: Gezielt besetzen sie unseren Freiraum im Event-Kalender zwischen sommerlichen Pop-up-Fressgassen entlang von Kö und Kasematten und Hoppeditz Erwachen.

Mir ist solch bayerische Bierseligkeit irgendwie fremd, beinahe exotisch. Sowohl kulinarisch als auch modisch. Ich liebe asiatische Designer. An faulen Wochenenden wickle ich mich auch schon mal gern in einen Kimono, den ich vor Ort beim Japan-Fest erstanden habe. Aber in ein Dirndl kriegt mich keiner. Damit käme ich mir echt verkleidet vor, wie zur Altweibersommer-Fastnacht. Aufgerüschtes liegt mir fern, das passt auch besser nach München, wo für Rheinländer mentalitätsmäßig ja schon der Balkan beginnt.

Bereits seit 1810 arbeiten die Münchner daran, ihr Volksfest flächendeckend zum größten Erfolgsfest der Welt wachsen zu lassen. Die Chinesen sind mittlerweile auch ganz jeck drauf. In Peking steht ein Hofbräuhaus, eins, zwei, g’suffa! Auch die Japaner haben die Haxen noch lange nicht dicke. Sogar weit weg vom Weißwurst-Äquator, in Australien, wenn dort Frühling ist, feiern sie Oktoberfest und fliegen Blaskapellen ein. Und das Rheinland ist auch schon so gut wie erobert.

Nüchtern betrachtet beschleicht mich allerdings noch ein ganz anderer Verdacht: Wenn da mal nicht die CSU dahinter steckt als Festkomitee, die uns maß-voll unterwandern will? Total abwegig? Eher haben sie schon bei ihrer Gründung an Eroberung gedacht. Die war 1945 — zufällig? — auch im Oktober, noch dazu an einem 13.

Wer immer noch zweifelt: CSU steht nicht etwa für Christlich Soziale Union Bayerns. Die Bazis haben bewusst den Namen Christlich-Soziale Union in Bayern gewählt. Damit nicht ausgeschlossen ist, auch irgendwann irgendwo anders gewählt zu werden. Wetten? Wenn ich verliere, tret’ ich im Dirndl auf.

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