Oper Schon mit fünf Jahren in Wagners „Ring“

Opernmitglied David Jerusalem trat in die Fußstapfen seines berühmten Vaters Siegfried.

David und Siegfried Jerusalem.

David und Siegfried Jerusalem.

Foto: privat

Düsseldorf. Er hat früh mit Wagner angefangen, der Bassbariton und Rheinopern-Sänger David Jerusalem (30). Der Sohn des weltberühmten Heldentenors Siegfried Jerusalem hat dem Singen seines Vaters schon im Kindesalter gelauscht — und nicht etwas zu Hause im Wohnzimmer, nein gleich in der New Yorker Met —, sowohl während der Proben als auch in bis zu fünfstündigen Aufführungen der Abende „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ in Wagners musikalischem Versdrama „Der Ring des Nibelungen“. Davids Vater stand auf der Bühne in der Rolle seines sagenhaften Namensvetters Siegfried.

„Ich war damals fünf Jahre alt“, sagt David Jerusalem mit unbekümmertem Lächeln. „Wenn der Vater Schwerter schmiedet und Drachen tötet, findet man das als Kind ja schon toll.“ Der mittlerweile sehr groß gewachsene junge Mann singt zwar aus Gründen der Stimmcharakteristik selbst kaum Wagner, ist aber Fan des revolutionär-romantischen Musikdramatikers geblieben. Das Wagner-Publikum habe damals recht irritiert reagiert auf die Anwesenheit eines mit Gummibärchen versorgten Kleinkinds im Auditorium. Es habe böse Blicke gegeben. Auch die Eltern hätten anfangs Skepsis angemeldet.

Es lag wohl die Befürchtung nahe, Länge und Schwierigkeitsgrad des „Rings“ würden die kindlichen Nerven überstrapazieren. „Ich habe damals ohne musikalisches Verständnis da drin gesessen, es aber trotzdem genossen“, sagt Jerusalem. „Als mein Vater im letzten Akt als Siegfried die Brünhild wach küsst, habe ich die Hand meiner Mutter gedrückt.“

Abgeschreckt hat die geballte Ladung Wagner den jungen David Jerusalem jedenfalls nicht. Im Gegenteil: „Als ich als Sechsjähriger mal krank im Bett lag, habe ich mir den ‚Ring’ auf Video gewünscht“, erzählt David Jerusalem aus jenen Kindertagen. Und während seine Altersgenossen in solchen Fällen vielleicht die Sesamstraße guckten, begab sich der kleine David audiovisuell gen Nibelheim sowie zu den Göttern, Riesen, Nornen und anderen Sagengestalten des Wagnerschen Weltengleichnis’. Natürlich handelte es sich bei dem Video um eine Ring-Produktion, in der Davids Vater mitwirkte.

Damals habe er werden wollen wie er, doch mit der Zeit geriet das Berufsziel Sänger in den Hintergrund. Selbst während der Schulzeit im Internat des Windsbacher Knabenchors habe er keine Opernkarriere in Betracht gezogen. „Ich sang damals noch im Tenor mit“, erzählt Jerusalem. Das habe zwar großen Spaß gemacht, aber für die Laufbahn des Opern-Tenors hätte es wohl nicht gereicht. Und Tenor sei er ja eigentlich auch gar nicht.

Nach einem halbjährigen Aufenthalt in Kanada ging es zurück ins heimische Bayern. Jerusalem bestand die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Augsburg, eine Dependance der Nürnberger Hochschule. Rektor in Nürnberg war zu der Zeit Davids Vater. Doch das führte nicht nur zu Harmonie: Als es um die Schließung der Augsburger Zweigstelle ging, habe sich Siegfried Jerusalem als Rektor zu wenig für den Standort eingesetzt. „Ich habe mich an einer entsprechenden Demo angeschlossen“, sagt David. Und plötzlich erhielt der Rektor die ungeheuerliche Nachricht: „Herr Jerusalem, Ihr Sohn demonstriert gegen Sie.“

Sohn eines berühmten Vaters zu sein sei für ihn derweil nie ein Fluch gewesen, sagt David. Der Vater mische sich auch wenig ein. „Ein Feedback bekomme ich nur, wenn ich frage, und ich frage oft.“

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