Der F95-Jahresrückblick: Von Sahne-Toren, Skippy und einem Überflieger

Das A bis Z eines traumhaften Jahres 2012 für Bundesliga-Rückkehrer Fortuna Düsseldorf

A wie Aufstieg. Erst Mitte Juni war für die Fortuna die Verlängerung der Verlängerung beendet und die Zukunft hieß endgültig Bundesliga, was nun schöne Gegenwart ist. Der DFB verkündete das Schluss-Urteil nach dem Platzsturm im Relegationsrückspiel, und die Hertha zog (als Zweitligist) selbst unter die „Unendliche Geschichte“ einen Schlussstrich.

B wie Begeisterung. Da lief selbst den Hartgesottenen ein Schauer über den Rücken, als die Mannschaft der Fortuna für das 2:2 nach 0:2-Rückstand gegen Schalke gefeiert wurde. Die Fans fühlten, dass sie richtig in der Bundesliga angekommen waren. Als dann auch noch nach dem 0:5 gegen die Bayern gefeiert wurde, räumte die Gesamtheit der Fortuna-Anhänger endgültig mit dem Vorurteil auf, ein Operetten-Publikum zu sein und nur bei Erfolg zu jubeln.

C wie Cha(-de). Bei 18 neuen Spielern musste es ja so kommen, dass nicht alle Zugänge überzeugen konnten. Dass aber das „cha-rmante“ Lächeln von Du-Ri Cha so selten zu sehen war, ist eine der unerfreulichen Überraschungen der bisherigen Saison.

D wie Dani mit Sahne-(Toren). Der Ex-Fürther Dani Schahin ist der beste Torschütze der Fortuna mit fünf Treffern, doch für ihn wird die Torjäger-Kanone der Bundesliga ein Traum bleiben. Die Chance, zum Nachfolger vom schönen Claus (Costa) als Mädchen-Schwarm zu werden, ist deutlich größer, trotz der eigenwilligen Frisur.

E wie Ersatzjuwel. So richtig bequem hat es sich Andrey Voronin nicht etwa in der Stammelf der Fortuna gemacht, sondern auf der harten Ersatzbank, zuweilen auch auf der Tribüne. Der „Königstransfer“ fühlte sich außerhalb des Platzes von allen verfolgt, vielleicht weil alle wissen wollten, warum er bei der Flucht vor Interviews schneller als auf dem Rasen war.

F wie (Lili-)Fee. Frankfurts Trainer Armin Veh widmeten einige Fortuna-Fans ein Lied samt Video („Haus vom Veh“), das im Internet tausendfach geklickt wurde. Eine Anspielung auf Vehs „Rotzlöffel“-Attacke gegen Sascha Rösler und die angebliche „Fallsucht“ der Fortunen. Nach dem turbulenten Zweitliga-Rückspiel stiegen beide Clubs auf — und beim Wiedersehen verpasste der eine Aufsteiger dem anderen eine 4:0-Packung. Veh gab sich versöhnlich, zumindest was das Lied anging: „Ist doch witzig, da versteh’ ich Spaß.“

G wie Giefer-Kiefer. Nur elf Minuten der kompletten Hinrunde verpasste Fabian Giefer, der beste Fortune bislang. Ausgerechnet mit einem großen Loch im Kiefer, erlitten beim Auswärtsspiel in Stuttgart, musste er ausgewechselt werden. Das Foto von der Wunde wurde bei Youtube fast so oft angeklickt wie seine besten Paraden.

H wie Hosen (Tote). Als wäre das Lied ganz speziell für die Fortuna komponiert worden. „Tage wie diese“ ist zur Hymne der Fortuna geworden. Nicht nur, weil die Band am Vorabend des Relegations-Rückspiels gegen Berlin den Spielern und Trainern eine Privatvorstellung gegeben hatte. Das geht wie Strom unter die Haut, und Campino wollte den Song eigentlich gar nicht mit auf die aktuelle CD bringen.

I wie Ilsø. Die Freistöße des Dänen Ken Ilsø bilden die Brücke von der zweiten zur ersten Liga in diesem Jahr: Im vorletzten Zweitligasaisonspiel bei Greuther Fürth sicherte der Däne mit seinem Kunstschuss das glückliche 1:1 und somit einen wichtigen Aufstiegspunkt. Nachdem er erneut in Fürth beim 2:0 im dritten Auswärtsspiel getroffen hatte, rundete sein nächster Kunstschuss beim 2:1-Siegtreffer gegen Hannover die Bundesliga-Hinrunde glänzend ab.

K wie Köln. Spieler der Mannschaft aus der verbotenen Stadt sind in der Arena in dieser Saison höchstens als Zaungast zu sehen — wie Thomas Bröker, der sich vielleicht in stillen Stunden sonst wohin beißt, weil er den Dom dem Schlossturm vorgezogen hat. Zum ersten Mal seit Bestehen der Bundesliga spielt Düsseldorf eine Klasse über den Kölnern. Und es gibt auf beiden Seiten des Rheins kaum Zweifel, dass dieser Zustand auch noch andauern wird.

L wie Lumpi. Ein A bis Z der Fortuna ohne den Dauerbrenner wäre wie ein Alphabet ohne den Buchstaben Ü wie Überflieger. Von der vierten Klasse in die Bundesliga ist für Andreas Lambertz wie ein wahr gewordener Traum.

M wie Meier. Den größten Anteil an einer gelungenen Sportschau hat inzwischen der Vater des Erfolgs der Fortuna. Ein Samstag ohne ein verbales „Highlight“ aus dem Mund von Norbert Meier ist langweilig. Beispiel gefällig? „Wenn ich das jetzt genieße, dann bin ich abgelenkt. Alle Systeme müssen jetzt wieder hochgefahren werden. Otto Waalkes hat es ja damals gesagt: Magengrube an Adrenalinspiegel oder wie das hieß.“

N wie Netzer. Der einstige Fußball-Gigant sprach über Fortuna als „schlafenden Riesen“. Er selbst hat mit der Agentur Infront dafür gesorgt, dass der Riese Feuer unter dem Allerwertesten bekam und sich riesig schnell in die Bundesliga bewegte.

O wie Omae. Zum Glück hat der Japaner, der die Fortuna nach der Winterpause verstärken wird, noch ein „e“ als letzten Buchstaben. Eine Großmutter auf dem rechten Flügel kann man sich auch kaum vorstellen, obwohl ein „Omablatt“ beim Kartenspielen einen nahen Triumph verheißt. Deutlich schwieriger sind Wortwitze mit dem Namen Innocent Emeghara. Der Schweizer bestätigte am Wochenende, dass die Fortuna mit im Rennen um seine Verpflichtung ist.

P wie Pyro. Zu Silvester gerne überall gesehen, wird die gleichnamige Technik aus den Stadien der Bundesliga verbannt. Stimmung geht auch ohne, das haben gerade Fortunas Fans immer wieder lautstark bewiesen.

Q wie Quantensprung. Gewaltig, wie sich der Verein Fortuna Düsseldorf in den vergangenen fünf Jahren entwickelt hat — Zuschauerzahl, Sponsoren-Einahmen, Mitgliederzahl und Image. Die neuen Zahlen des Vereins hätte selbst Paul, der Jäger des neuen Vereins-Schatzes, vor wenigen Jahren einfach noch nicht für möglich gehalten.

R wie Rösler. Der Buchstabe ist für ihn reserviert. Selten haben sich die Geister am Charakter eines Menschen so geschieden. Sascha Rösler war ein Aufstiegsgarant der Fortuna. Selbst als er in den Relegationsspielen nicht mehr auf dem Platz stand, hat er der Mannschaft mit seiner Anwesenheit geholfen. Nur seine Frau, sein Nachwuchs und die engsten Freunde wissen, wie ruhig und sanft er wirklich ist, wenn er keine Fußballschuhe trägt.

S wie Skippy. Wer mit dem Springinsfeld gemeint ist, liegt auf der Hand. Robbie Kruse hat gezeigt, warum der Australier direkt einen Drei-Jahres-Vertrag erhalten hat. Im ersten Jahr bei Fortuna war er down-under, in dieser Saison high-up. Bisher neben Giefer die Entdeckung der Hinrunde und „eigentlich auch ein Neuzugang“, wie Trainer Meier sagt.

T wie Torfkopf. Er hat Fußball-Geschichte mit seinen Ausgrabungen geschrieben. Einen Elfmeterpunkt-Dieb gibt es eben weltweit auch nur in Düsseldorf. Dass er sich seiner Tat noch rühmte und sich dafür öffentlich feiern ließ, sorgte für einen Rollentausch des belächelten You-Tube-Stars — zum Buhmann.

U wie Umbruch. Als die Fortuna ihre 18 neuen Spieler vor Saisonbeginn zum Foto bat, machten sich die zehn „alten“ Spieler einen Spaß und bauten sich ebenfalls zum Foto auf. Und zum Bundesliga-Saisonauftakt standen tatsächlich nur fünf der Neuverpflichtungen in der Startelf — dabei mit Axel Bellinghausen auch noch ein Ex-Fortune. Abgesehen von Schahin, Stelios Malezas, Giefer und (mit Abstrichen) Axel Bellinghausen konnte sich aber lange Zeit kein weiterer als Stammkraft durchsetzen.

V wie Vorurteil. Kaum eine Mannschaft in der Vergangenheit hatte zu Saisonbeginn einen solch dicken Stempel wie die Fortuna in diesem Jahr. „Erster Absteiger“ war überall zu lesen, wenn sich die vermeintlichen Experten über Saison-Prognosen ausließen. Dann „nullten“ sich die Spieler von Fortuna die ersten fünf Spieltage durch die Liga, aber das 0:5 gegen die Bayern ließ die vorgenannten Experten wieder an den Wahrheitsgehalt ihrer Vorhersagen glauben. Doch bei Fortuna läuft wenig bis nichts normal, umso schöner für die Fans, dass dies diesmal wenig mit Leiden zu tun hat.

W wie Werner oder Wolf. Mit 70 Jahren fängt das Leben an, noch mal so richtig interessant zu werden. Zwar will Fortunas Manager nicht irgendwann einmal tot von seinem Assistenten im Büro gefunden werden, wie er selbst mit einem breiten Grinsen erklärte. Aber solange es ihm noch Spaß macht und er mit seinen Verpflichtungen der alte Fuchs unter den Wölfen bleibt, wird er jedes Jahr noch ein weiteres dranhängen.

X wie xtra-large. Die Zweitliga-Saison war so. Und auch die Relegation dehnte sich wie ein schlaffes Gummiseil. Schmale Kost bietet die Fortuna nie. Immer gibt es noch irgendetwas oben drauf. „Einfach nur Fußball“ ist eigentlich der Slogan der Fortuna. Die Mannschaft hält sich eigentlich nie daran.

Y wie Yesterday. Endlich müssen die Anhänger der Fortuna nicht mehr im Gestern leben. Der Mythos lebt wieder und kann endlich neue Geschichten schreiben.

Z wie Zukunftsplanungen. Der Blick nach vorne macht den Fortunen derzeit Spaß. Nicht nur, weil sie in der Liga die „halbe Miete“ an Punkten eingefahren haben. Sondern weil sie auch finanziell gut dastehen wie lange nicht mehr. Es gebe „nichts Schöneres, als jetzt überlegen zu können, wie etwas künftig zu machen ist“, sagt Vorstand Peter Frymuth über sportliche Verstärkungen. „Das ist alles völlig abgesichert, ganz entspannt.“ Schön, wenn er das kommende Jahr völlig entspannt erleben kann.

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