Der Gegner: Alleine kann Wiese die Probleme bei Hoffenheim nicht lösen

Der Hoffenheimer Torwart freut sich nach schwerem Start über die Fan-Anfeuerung.

Düsseldorf. Sinsheim am vergangenen Samstag, 15.30 Uhr, das Haar bei Tim Wiese sitzt. Doch als Schiedsrichter Deniz Aytekin knapp zwei Stunden später das Bundesligaspiel gegen Schalke abpfeift, da ist es um die Frisur des Torhüters von 1899 Hoffenheim geschehen.

Spieler, Trainer und Betreuer stürzen sich auf den 30-Jährigen, das Haarband reißt und plötzlich sieht „Winnetou“ eher aus wie die Schwester des Apachen-Häuptlings, „Nscho-tschi“. Wiese war es völlig egal. Mit einer überragenden Leistung hatte er das 3:2 erst möglich gemacht. „Das gibt mir Auftrieb, das gibt mir einen Schub“, sagte Wiese.

„Nscho-tschi“ heißt laut Karl May „schöner Tag“. Der war es für den Fußballprofi. Mehr noch — es war eine Befreiung. Wochenlang stand der Zugang von Werder Bremen in der Kritik. Mit für ihn im wahrsten Wortsinn haarsträubenden Patzern wie beim peinlichen 0:4 im DFB-Pokal beim Viertligisten Berliner AK oder dem 3:5 beim SC Freiburg schien Wiese bestätigen zu wollen, warum ihn Bundestrainer Joachim Löw ausgemustert hat.

Vor dem Schalke-Spiel stand Wiese siebenmal im Hoffenheimer Tor. Die Bilanz von fünf Niederlagen und dem dürftigen 3:3 gegen Aufsteiger Fürth ließen ihn bei Fragen immer dünnhäutiger reagieren. „Wenn man keinen Sieg hat und ständig von der Schießbude der Liga geschrieben wird, dann geht das nicht spurlos an einem vorüber“, sagte Wiese.

Zumal es völlig falsch wäre, den mehr als zähen Saisonstart der Kraichgauer ausschließlich an ihm fest zu machen. Aber Wiese hat bei den Fans einen schweren Stand, wurde doch für ihn Publikumsliebling Tom Starke vom Hof gejagt. Dass es gegen Schalke erstmals „Wiese“-Rufe aus der Fankurve gab, hat der Schlussmann daher registriert. „Es war das erste Mal und hat mich sehr gefreut.“

Doch allein kann Tim Wiese die Defensiv-Probleme nicht lösen. Mit bislang 22 Gegentoren hat Hoffenheim die löchrigste Abwehr der Liga. Besonders eklatant: Zehn der Gegentreffer fielen nach Standardsituationen. „Wir haben immer wieder Probleme bei hohen Bällen. Da decken wir einfach zu oft den Raum statt den Mann“, sagte Trainer Markus Babbel.

Dass diese Schwäche noch nicht abgestellt werden konnte, lag vielleicht auch an Wiese. Bislang schien es nämlich so, als wenn seine Vorderleute die Fehler ihres Torhüters als Alibi benutzten. Innenverteidiger Marvin Compper fordert daher ganz klar: „Jeder von uns muss viel mehr Eigenverantwortung übernehmen. Alle müssen noch härter verteidigen und sich vor allem mehr konzentrieren.“

Damit das Haarband von Tim Wiese erneut reißt und es schon nach dem Spiel bei Fortuna Düsseldorf wieder heißt: „Nscho-tschi“. Ein schöner Tag.

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