Dieter Nuhr im Interview: „Das Schicksal schlägt zurück“

Kabarettist Dieter Nuhr über sein Leben als Fan von Fortuna Düsseldorf, Aleksandar Ristic und Norbert Meier.

Herr Nuhr, Sie sind bekennender Fan von Fortuna Düsseldorf. Erleben Sie gerade den Ausgleich für ein langes Leiden?

Dieter Nuhr: Exakt. Irgendwann schlägt das Schicksal zurück. Nun sind wir ganz oben. Trotzdem sollte man nicht vergessen: Das Leben ist ein Aufzug.

Fan wird man nicht, Fan ist man. Warum ist Dieter Nuhr Fortuna-Fan?

Nuhr: Genetischer Schaden. Natürlich ist das albern, aber man ist trotzdem immer für den Club, mit dem man aufgewachsen ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich als Kölner sogar FC-Fan geworden wäre, eine absurde Vorstellung. Das hängt mit unserer Vergangenheit im Rudel zusammen. Ich glaube, die Anhänger des jeweiligen Vereins erkennen sich am Geruch. Das liegt an Neurotransmittern.

Ihre stärkste Erinnerung auf der Tribüne?

Nuhr: Als ein Herr mit stark alkoholischem Mundgeruch etwa zehn Zentimeter vom Ohr meiner Mutter entfernt in atemberaubender Lautstärke dem Herrn Köhnen, der sich gerade in einem Zweikampf an der Eckfahne befand, zurief: Egon, beiß’ ihm die Eier ab. Seitdem durfte ich allein zum Fußball. Ich war elf.

Haben Sie die oft veralberte bunte Arena inzwischen lieb gewonnen?

Nuhr: Ich fand sie von Anfang an super. Natürlich wurde gemeckert. Aber es ist ja heutzutage Tradition, dass bei jedem Neubau die Welt untergeht und alle wissen, warum das Bauwerk zu teuer, einsturzgefährdet oder überhaupt der Untergang des Abendlandes ist. In Düsseldorf will man ja sogar eine verrottete Autobrücke „retten“. Und am Ende werden nach dem Abriss wieder alle froh sein, wie schön alles geworden ist.

Warum schicken die Gegner, die in Düsseldorf spielen müssen, die Punkte nicht gleich mit der Post?

Nuhr: Eines der großen Rätsel der Menschheit. Wahrscheinlich, weil sie da zu oft verloren gehen. Am zuverlässigsten ist immer noch: Selbst vorbeibringen.

Wer ist ihr Lieblingsspieler aus der Vergangenheit — und aus dem aktuellen Kader?

Nuhr: Schwer zu sagen. Zimbos 6:5 gegen die Bayern wird mir immer warm im Herzen bleiben. Ich kann mich aber auch über einen Rösler freuen, der auf dem Platz so ernst Empörung simulieren kann, dass der Schiedsrichter Ecke gibt. Herrlich.

Echte Fortuna-Fans brüsten sich damit, Fortunas Schicksal auch in der vierten Liga begleitet zu haben. Sind Sie nach diesem Maßstab ein echter Fortuna-Fan?

Nuhr: Schande über mich, da muss ich passen, meine Leidensfähigkeit ist begrenzt. Da hatte ich schon aufgegeben. Man konnte nicht damit rechnen, dass der klinisch Tote noch mal aufersteht. Ich gebe zu, ich habe gedacht: Das war’s. Dass ein Patient die Spätfolgen einer Behandlung durch Aleksandar Ristic überlebt, ist ja ausgesprochen selten.

Was machen Trainer Norbert Meier und Manager Wolf Werner besser als ihre Vorgänger?

Nuhr: Sie sind einfach keine Schwätzer. Das unterscheidet sie schon mal von zahlreichen Vorgängern. Wenn Fortuna früher zwei Spiele hintereinander gewonnen hat, standen die gesammelten Gebrauchtwagenhändler der Umgegend Schlange und wollten Präsident werden. Dann kam auch noch mit Ristic ein veritabler Leichenfledderer. Mit Wolf Werner ist endlich wieder Seriösität eingekehrt. Meier wäre längst ein erfolgreicher Bundesligatrainer, wenn ihm die Duisburger Geschichte nicht passiert wäre. Da hat Fortuna sehr viel Glück gehabt. Und Meier holt das dann im nächsten Jahr nach.

An wen dieser Vorgänger erinnern Sie sich mit Schrecken?

Nuhr: Ristic hat, glaube ich, das halbe Heimatdorf bei Fortuna untergebracht und den Verein fast gekillt. Am schönsten aber war die Saison 91/92 mit — meiner Erinnerung nach — vier Trainern. Das schaffen andere Vereine gar nicht.

Sie co-kommentieren inzwischen Fußballspiele für den Bezahlsender Sky. Wie hörte sich Dieter Nuhr bei einem Fortuna-Spiel an?

Nuhr: Das weiß ich nicht, ich habe mich ja nicht gehört. Ich hoffe, dass ich einigermaßen objektiv war. Das wurde mir auch bezeugt. Es ist ja nicht schön, wenn man bei einem überregionalen Sender sitzt, ein Spieler der eigenen Mannschaft amputiert im Mittelkreis mit gestrecktem Bein einen Unterschenkel und man sagt einfach: Das war nix. Im übrigen mache ich das aus Spaß, da setze ich mich nicht unter Druck.

Wenn Fortuna in die erste Liga aufsteigt, dann. . .

Nuhr: . . .beginnt leider der Abstiegskampf. Aber erst einmal ist die Freude groß! Mein Gott, bin ich illusionslos.

Und wenn Fortuna den Aufstieg verpasst?

Nuhr: Dann ist die Freude ebenso groß, weil der Abstiegskampf im nächsten Jahr vermieden wird. Und der Aufstieg ist ja nur um ein Jahr verschoben.

Borussia Dortmund kommt im Pokal. Was muss Trainer Klopp für einen Sieg unbedingt beachten?

Nuhr: Dass er dann in zwei Wettbewerben spielt. Besser für Dortmund wäre, sich auf die Bundesliga zu konzentrieren. Ich würde an seiner Stelle den FC Lüdenscheid schicken.

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