Interview Jens Langeneke: „Fortuna muss geschlossen auftreten“

Jens Langeneke hat die Karriere beendet. Er hofft, dass die Mannschaft in der neuen Saison zu alter Heimstärke findet.

Jens Langeneke und seine Tochter Clara.

Jens Langeneke und seine Tochter Clara.

Foto: Christof Wolff

Düsseldorf. Im Abschiedstrubel von „Lumpi“ Lambertz ist ein weiteres Karriere-Ende unverdientermaßen ein wenig untergegangen. Jens Langeneke wird vom Spieler zum Trainer. Der 38 Jahre alte, langjährige Abwehrchef der Fortuna freut sich auf eine Zeit, in der er sich um die Talente des Vereins kümmern, aber auch mehr für seine Familie da sein kann. Wir sprachen mit dem sympathischen Ex-Fußball-Profi, der stolz darauf sein kann, dass er noch Ecken und Kanten hat und auch mal Tacheles reden kann.

Herr Langeneke, sind Sie mit der Lösung, die Fortuna für Sie im Nachwuchsbereich gefunden hat zufrieden?

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Jens Langeneke: Ja, das bin ich. Die besondere Förderung der Toptalente ist ein interessanter Bereich. Das geht ja auch ein wenig in Richtung Trainingsinhalte, Koordination und Management. Das passt schon gut.

Wie beurteilen Sie die Situation bei der Fortuna?

Langeneke: Ich denke und hoffe, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt. Es geht jetzt darum, den Verein zu stabilisieren. Losgelöst von der sportlich enttäuschend verlaufenen Rückrunde überwiegen für mich die positiven Anzeichen. Das gilt für den neuen Trainer, mit dem ich gesprochen habe. Menschlich macht er einen überragenden Eindruck. Er ist ein absoluter Fachmann, trotzdem muss man sportlich abwarten, ob alles passt. Ich habe ein gutes Gefühl. Im Endeffekt zählt der Erfolg, und alles andere fällt hintenüber. Auch der Co-Trainer und die ersten neuen Spieler sind ein guter Fang. Zeitnah folgen weitere. Denn der Kader wird und muss sich verändern.

Zwei der bislang bekannten Verpflichtungen sind Innenverteidiger. Wie wichtig ist eine gute Besetzung der Defensivzentrale?

Langeneke: Man kann die Abwehrprobleme nicht nur auf die Innenverteidiger reduzieren. Aber wenn man in einer Saison zuhause 29 Gegentore fängt, ist das einfach zu viel. Die Erfolge in Heimspielen bilden die Grundlage für eine gute Saison. Da bringt Auswärtsstärke nichts, weil man zuhause nicht stabil genug war. Und man gewinnt nicht Spiele mit 4:3 am Fließband. Auch ein 1:0 reicht. So muss man hinten die Basis legen. Deshalb haben Verpflichtungen für die Defensive Priorität.

Wie wichtig ist jetzt die von vielen gefordert Einheit des Vereins?

Langeneke: Zunächst einmal musst du als Verein geschlossen auftreten. Das Wichtigste ist aber die Mannschaft als Aushängeschild. Darauf wird in erste Linie geschaut. Wenn sich die Spieler auf dem Platz so präsentieren, dass die Fans sagen können, ,das ist meine Mannschaft, das ist meine Fortuna’, dann hast du viel erreicht. Ein Stück Identifikation ist abhanden gekommen. Das ist tödlich, so geht es auch stimmungsmäßig in einen Abwärtsstrudel.

Im kommenden Jahr sind aber ein Lambertz und ein Langeneke nicht mehr da?

Langeneke: Ich spiele ja schon länger nicht mehr oben mit. Wir sind auch irgendwann einmal zum Verein gekommen. Es wird nicht jeder Spieler als Fortuna-Profi geboren. Wenn die neuen Spieler auf dem Platz von Anfang an alles geben, dann kann sich so etwas auch mit neuen Akteuren entwickeln. Außerdem sind in Finki (Oliver Fink) und Axel (Bellinghausen) noch Spieler da, mit denen sich die Fans identifizieren können. Gerade für Fortuna sind diese Figuren unglaublich wichtig. Sonst geht es überall nur um Geld,. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist dagegen unser größter Faustpfand. Das war eine der Stärken der vergangenen Jahre.

Wo sehen Sie die Fortuna in zwei Jahren?

Langeneke: Schwierig. Man kann immer an die Tür klopfen, aber dafür muss vieles passen. Der Aufstieg ist nicht planbar. Wenn er aber machbar ist, muss man mit beiden Händen zugreifen. Ein Masterplan für zwei Jahre, der garantiert funktioniert, den gibt es nicht.

Zurück zur eigenen Person. Wollten der Kopf oder die Beine nicht noch eine Saison dranhängen?

Langeneke: Sowohl als auch. Im Alter von 38 Jahren merkt man schon, dass man seit 15 Jahren quasi jeden Tag trainiert hat. Das Sprunggelenk meldet sich immer mal wieder und macht mir Sorgen. Mit Schmerzen macht es dann keinen Spaß mehr. Es passt sowohl vom Körper als auch vom Kopf, so dass ich die aktive Zeit ohne Probleme beenden kann. Da war es dann gar nicht so schlecht, noch zwei Jahre in der U 23 zu spielen.

Aber nach dem Bundesliga-Abstieg haben viele gesagt, den Jens könne man in der 2. Liga noch gut brauchen . . .

Langeneke: Vor dem letzten Spiel damals in Hannover war klar, dass ich für die Bundesliga kein Vertrag mehr erhalte. Und da haben wir über die 2. Liga nicht gesprochen. Nach dem Abstieg hatte ich schon die Hoffnung, noch gebraucht zu werden. Die Vertragskonstellation mit mehreren Innenverteidigern sprach damals gegen mich. Es war für den Verein dann ein Leichtes, einem 36-Jährigen zu dem Zeitpunkt keinen neuen Vertrag mehr zu geben. Dass das vielleicht ein wenig kurzsichtig war, kann sein. Aber es ist jetzt auch kein Zeitpunkt, darüber nachzudenken. Damals hätte ich gerne in der ersten Mannschaft weitergespielt.

Wie viel Spaß hat es gemacht, mit den jungen Leuten in der U 23 zu arbeiten?

Langeneke: Am Anfang war es eine Umstellung, weil der Betrieb ein ganz anderer ist. Es ist schöne Sache, wenn man sieht, dass sich einige Spieler sehr gut entwickeln. Es ist erfreulich und eine Bestätigung, aber natürlich nicht nur für mich alleine.

Was war der schönste Moment der langen Karriere?

Langeneke: Immer noch das Spiel gegen Werder II, der Aufstieg in die 2. Liga. Das war noch emotionaler als der Bundesliga-Aufstieg. Vom Sportlichen war es unser Relegations-Hinspiel in Berlin. Da hat alles gepasst. Im Halbangst-Skandalspiel hat ja schon kurz danach etwas mitgeschwungen. Und trotzdem denke ich auch noch an die Delle im Aufschwung und an das besondere Spiel in Osnabrück, als wir nach sechs Niederlagen erstmals wieder gewonnen hatten. Unser Fanblock war super, und da drehst du die Saison. Dort ist etwas zusammengewachsen, was dann nicht auseinandergerissen werden konnte.

Du bist Vater einer zweijährigen Tochter. Wie schön war es, die ersten Schritte von Clara so intensiv begleiten zu können?

Langeneke: Brutal wertvoll. Wenn ich es nicht miterlebt hätte, würde ich mich sehr ärgern. Es ist auch anstrengend intensiv, aber schon toll, das so zu erleben. Besser, als wenn man beruflich total eingespannt wäre.

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