Kurios, diese Fortuna . . .

Günter Netzer und Cruyff in Düsseldorf und mitten im Aufstand beim Ayatollah? Dönekes um den Klub gibt’s reichlich.

Düsseldorf. Am liebsten erinnern sich die Fans an die Heldenmomente der Fortuna: Thomas Allofs’ Finaltor gegen Köln, Weitschüsse von Zimmermann, Pässe von Zewe. Alles vom Feinsten.

Aber zur Fortuna gehören auch die Kuriosa. Das zeigt auch diese Saison: bester Herbstmeister der 2. Liga, aber vielleicht schafft Fortuna auch den Zitronentitel „mieseste Rückrunde eines Herbstmeisters“. Hier ein bunter Rundumschlag zum Thema, mit dem Sie bei der nächsten Party ein paar Minuten bestreiten können:

Die Anfänge der Stars: Selbst die besten Kicker waren zu Beginn normale Leute, denen niemand die Taschen voll machte. Soziale Sicherheit und Kleinigkeiten obendrauf sicherten die Existenz und machten das Leben schön. Matthias Bakkers, der langjährige Präsident, sorgte in den 20er Jahren als Hauptabteilungsleiter bei P & C für die Ausgehanzüge und machte weitere Zuwendungen locker, um gute Spieler zum Verein zu locken. Im Gegenzug erhielt das Bekleidungshaus Werbung in der Fortuna-Zeitung.

Broterwerb: Attraktiv waren für die Kicker Jobangebote bei der Rheinbahn — prominentester Fall ist Toni Turek — oder vereinzelt bei den Stadtwerken (Paul Janes). Beim Konkurrenten VfL Benrath war es ähnlich, nur dass hier Arbeitsstellen bei der Demag feilgeboten wurden. Schorsch Hochgesang, dreimal Deutscher Meister mit Nürnberg, kam Ende der 1920er-Jahre als Spielertrainer nach Düsseldorf, weil man ihm versprochen hatte, er könne nach seiner aktiven Zeit einen Laden für Tabakwaren führen.

Noch in den 50er- und 60er-Jahren waren die Kicker darauf angewiesen, dass es auch neben dem Platz gut läuft. In der Vereinszeitung warb beispielsweise Jupp Derwall, der später kurz die Fortuna trainierte und dann als Bundestrainer „Häuptling Silberlocke“ berühmt wurde, für sein Spirituosengeschäft auf der Friedrichstraße. Slogan: „Soll’s ein guter Tropfen sein, kauf’ bei Josef Derwall ein“.

Ein ebenfalls bekannter Mitspieler empfahl sich mit dem Satz „Fortunafreunde kaufen ihre Rauchwaren bei Erich Juskowiak“, der auch noch Policen der Badenia-Bausparkasse unters Volk brachte. Sein Mannschaftskamerad Hans Neuschäfer offerierte Sportmode und Maßkonfektion ebenfalls an der Bismarck-/Ecke Oststraße.

1965 suchte der Vorstand für Spieler per Anzeige Zwei- oder Dreizimmerwohnungen, für den Spieler Werner Biskup zudem „ein Ladenlokal zum Verkauf von Tabakwaren, Spirituosen, Zeitschriften in guter Lage Düsseldorfs“.

Trainer-Tratsch: Den ersten Trainer holte man 1924/25 mit der Zusage an den Rhein, dass er die gesamte Einnahme eines Spiels seiner Wahl erhalten solle. So richtig viel muss das nicht gewesen sein, denn Heinz Köner betreute nebenbei einen zweiten Verein — Mainz 05.

1976 wollte Hennes Weisweiler aus Spanien nach Deutschland zurückkehren, er schwankte zwischen Köln und Düsseldorf. Dann ging Fortuna 0-4 in Kölle unter, Weisweiler schaute dabei zu — und unterschrieb im Schatten des Doms.

Reise-Abenteuer: Die Weltoffenheit der Düsseldorfer demonstrierten die Fortunen bereits 1928. Sie waren der erste deutsche Verein, der in Afrika kickte. In Algerien gab es zwei Siege. Der Spieler Karl Gottschall war nicht mit an Bord, weil seine Eltern die Reise verboten hatten. Sie befürchteten, ihr Filius könnte für einen Einsatz in der Fremdenlegion entführt werden.

Zur Saisonvorbereitung ging es 1959 nach Ghana und die Abschlussfahrt 1963 führte unter anderem nach Alexandria und Bombay — sowie nach Teheran, wo die Fortunen in einen blutigen Aufstand gerieten, den der spätere Revolutionsführer Ayatollah Chomeini dirigierte.

Träume und verpasste Gelegenheiten: Die Fohlen-Elf der 70er-Jahre hat den Ruhm von Borussia Mönchengladbach begründet. In Düsseldorf kann man sich nur an den Kopf fassen, wenn man folgende Episode bedenkt: 1963 wollte der Kapitän der Jugend-Nationalmannschaft zu Fortuna Düsseldorf wechseln. Der Vertrag war mündlich ausgehandelt, ein Termin zur Unterschrift vereinbart. Günter Netzer fuhr nach Düsseldorf — wer nicht erschien, war Fortuna-Präsident Bruno Recht. Bitte schön, dachte sich Netzer — und unterschrieb am Bökelberg.

Am Ende seiner Präsidenten-Laufbahn wollte Recht dann das große Rad drehen. Nur ein paar Monate nach dem WM-Finale Deutschland-Niederlande spielte er mit dem Gedanken, als Trainer Rinus Michels sowie die Spieler Johann Cruyff und Johann Neskens vom FC Barcelona nach Düsseldorf zu holen. Wie man weiß, hieß der nächste Fortuna-Trainer dann Sepp Piontek, was wohl eher dem Maß des Möglichen entsprach.

Ein bisschen Pech hatte man Mitte der 90er-Jahre, als es mit Pavel Nedved gute Gespräche gab. Der 23-Jährige wollte noch die EM in England abwarten, wo es 1996 im Finale gegen Deutschland ging. Bela Rethy kommentierte das Endspiel im Fernsehen und berichtete von dem Kontakt, meinte aber skeptisch, dass es mit dieser Verpflichtung vielleicht nicht klappen könnte. Tatsächlich ging Nedved dann zu Lazio Rom. Mamma mia — und damit ist für heute Schluss mit den Kuriositäten, obgleich es noch viel mehr gibt.

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