Pro und Contra: Ist es richtig, bei Fortuna weiter zu protestieren?

Pro - von Bernd Schwickerath

Ja. Die Fans haben niemanden beleidigt, nicht randaliert. Sie haben Recht, das Verhalten des Vorstands zu kritisieren. Demokratie gilt auch im Stadion.

Da fahren die treuesten der treuen Fortuna-Fans seit Jahren zu jedem Spiel, richten ihr Leben nach dem Spielplan aus und investieren ihre ganze Freizeit in die Vorbereitung des Spektakels am Spieltag. Selbst als der Verein am Boden lag, blieben sie treu, sangen sich für viertklassige Fußballer die Seele aus dem Leib. In der Hoffnung, dass es irgendwann wieder nach oben geht.

Für diese Fans sind die Stadien in Freialdenhoven oder Düren nicht bloß Orte, sie sind Teil ihrer Geschichte, Mahnmale der Talfahrt. Dass der gewählte Vorstand nun entgegen der Empfehlung der Arbeitsgruppe einem maßlos übertriebenen Sicherheitspapier zustimmte, ist ein Schlag ins Gesicht für all jene. Ein Verrat. Was sind dagegen schon 90 Minuten? Nichts. Also nutzen sie die Rechte einer Demokratie. Sie protestieren. Friedlich, ohne Beleidigungen, ohne Gewalt.

Und was ernten sie? Die Wut von Menschen, die vor Jahren nicht im Traum daran dachten, zu Fortuna zu gehen. Und denen es in der glitzernden Bundesligawelt egal ist, wenn der Vorstand die Mitglieder betrügt. Hauptsache Party. Gut, dass es die andere Seite gibt, Menschen, die nicht nur konsumieren, die aufbegehren. Deswegen muss der Protest weitergehen. So etwas heißt Meinungsfreiheit.

Früher und heute — wann alles besser war, ist für die meisten klar. Früher wurde bei einem Platzsturm nicht gleich das Chaos ausgerufen, Stehplätze waren selbstverständlich, ab und zu hatte mal einer einen Chinakracher dabei (Bengalos kannte man eher nicht) und der Besuch eines Fußball-Bundesligaspiels war keinesfalls ein gesellschaftliches Ereignis.

Das alles ist nun anders. Moderne Stadien, überall TV-Kameras, die Arena als familientaugliches Ausflugsziel — und leider auch Zeitgenossen, denen Zoff und ab und zu ein Bengalo wichtiger sind als ihr Klub. Da ist der Konflikt programmiert — und die Liga zieht jetzt die Reißleine, bevor es die Politik tut.

Die besten Fans, die Fortuna aus der vierten in die erste Liga begleitet haben und Stammgäste bei Auswärtsfahrten sind, werden irgendwann akzeptieren, dass sie zwar nur Lumpi & Co anfeuern wollen, aber damit gleichzeitig Teil der Eventgesellschaft sind. Sie werden einsehen, dass es mehr zählt, der Mannschaft den Rücken zu stärken, als gegen die Chefetagen von Fortuna und DFL zu Felde zu ziehen.

Das gilt allerdings nur, wenn die neuen Konzepte sich in der Wirklichkeit als maßvoll erweisen — das ist wie beim Protest auch das Wichtigste.

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