Radikales Gedankengut im Schutz der Fankurve

Auch in Düsseldorf gedeiht unter den Fans wieder radikales Gedankengut. Das zeigten die Attacken gegen Assani Lukimya.

Düsseldorf. Die Fans des kommenden Fortuna-Gegners FC St. Pauli (Mo., 20.15 Uhr, Arena) haben im deutschen Fußball für viele Vorbildcharakter — stimmungsfreudig, einfallsreich und jederzeit integrativ. Das Bild vom konservativen „Anzugträger neben dem Punk“ wird am Millerntor gelebt.

Das hätten viele Fortunen in ihrer Kurve auch gerne — doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Rund um die Bekanntgabe des Wechsels von Assani Lukimya zum 1. FC Köln zeigte sich die hässliche Fratze der Fankurve.

Im Internet kam es zu offener Fremdenfeindlichkeit, teilweise wurden rassistische Parolen nicht einmal anonym veröffentlicht. Fortuna-Fan-Beauftragter Jörg Emgenbroich war in der Nachbetrachtung froh, dass die Fanszene dem schnell „die Grenzen aufgezeigt hat“. Doch die Rückkehr radikaler Parolen und Gesinnungen im Schutz der großen Masse ist in Düsseldorf unübersehbar.

Bis in die 1990er Jahre trat die Fremdenfeindlichkeit noch offen zutage. So wurde im „Block 36“ des Rheinstadions der Klatsch-Ruf-Rhythmus „Sieg“ teilweise mit einem „heil“ zum Nazigruß ergänzt. „Husch, husch, Neger in den Busch“ und Affenlaute gegen farbige Fußballer des Gegners gab es regelmäßig, Reichkriegsflaggen (Schwarz-Weiß-Rot) an den Zäunen und den „Kutten“ (Jeans-Westen mit Aufnähern) sowie Angriffe auf alternativ aussehende Menschen waren an der Tagesordnung.

Doch mit dem sportlichen Absturz bis in die vierte Liga schrumpfte die Fanszene auf eine überschaubare Masse. Fan-Magazin-Herausgeber, das Fortuna-Fanprojekt, die erste „Ultras-Generation“ und der Fan-Verband „Supporters Club“ positionierten sich stark gegen rechtsradikale Tendenzen.

Einen vorerst letzten Versuch von angeblichen „Neonazis“, sich in der Fanszene zu präsentieren, gab es 2005 beim Spiel gegen Holstein Kiel im Paul-Janes-Stadion, berichten langjährige Kenner der Fanszene.

Erst nach dem Aufstieg 2010 kamen wieder mehr und mehr Neonazis zur Fortuna. Die vorherrschende Meinung, „die haben wir doch besiegt“, war ein Irrtum. Wobei sich „Rechte“ in allen möglichen Gruppierungen der Anhängerschaft tummeln oder einzeln unterwegs sind, teilweise sogar in der „Hooligan“-Szene der Fortuna geduldet werden, heißt es.

Das bilde einen großen „Nährboden für rassistische Denkweisen“. Früher sei die schätzungsweise 50 Mitglieder starke „Hooligan“-Gruppe sogar noch aktiv gegen Neonazis vorgegangen.

Am Karnevalswochenende 2011 gab es bei einer Schlägerei in der Altstadt zwischen politisch rivalisierenden Fangruppen der Fortuna mehrere Verletzte, worüber die WZ ausführlich berichtete. Vermutet wurde, dass es um die „Vorherrschaft“ in der Kurve ging und die Politik nur als Aufhänger benutzt wurde.

Mittlerweile soll nach einem großen Treffen von „Hooligans“ und eher linkspolitisch engagierten „Ultras“ so etwas wie Burgfrieden herrschen, ist zu vernehmen. Problematischer scheint indes, dass verstärkt der versteckte Rassismus auftaucht, nicht erst seit den Anfeindungen gegen Assani Lukimya.

So feiern die Reichskriegsflaggen derzeit eine Renaissance. Die rechte Gesinnung ist unter den Düsseldorfer Fans nicht organisiert, sondern steckt offenbar in den Menschen, die sich im Schutz der Fankurven-Masse wähnen.

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