80 Jahre DEG (Teil 3) Schwarze Kassen, Millionen Schulden

Die Geschichte der DEG kennt viele Erfolge — aber auch viele Skandale. Schon früh wusste der Club, wie er Stars an die Brehmstraße lockt.

80 Jahre DEG (Teil 3): Schwarze Kassen, Millionen Schulden
Foto: Horstmüller

Düsseldorf. Helmut de Raaf, eine der größten Torwart-Legenden des Düsseldorfer Eishockeys, hat einmal einen interessanten Satz gesagt: „Wer zur DEG ging, wusste ganz genau, dass er viel mehr Gehalt fordern konnte und dann auch bekam als anderswo.“ Nun gehört es zu den schöneren Begleiterscheinungen im Leben eines Profisportlers, dass er sich nicht darum kümmern muss, wie der Verein dieses Geld auftreibt. Und ob bei seinem Arbeitgeber alles mit rechten Dingen zugeht. „Das interessiert einen als Spieler nicht“, sagt Otto Schneitberger, in den mit drei Meisterschaften überaus erfolgreichen 60ern und 70ern der Publikumsliebling an der Brehmstraße.

Nun ist die Düsseldorfer EG ein Verein, der schon sehr früh wusste, wie er die besten Spieler anderer Clubs an den Rhein locken kann. Und der außerordentlich geschickt darin war, die Grenzen des Erlaubten bis an den Rand auszureizen — und notfalls auch zu übertreten.

Das begann bereits kurz nach der Vereinsgründung in den 30er Jahren. Schon damals, sämtliche Sportler waren „edle Amateure“ ohne Gehalt, sicherte sich die DEG die Dienste von Topspielern aus Berlin und Bayern. Gezahlt wurde offiziell natürlich nichts, dafür bekamen die Spieler ordentlich vergütete Arbeitsplätze.

So ging es auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter. Als 1959 die Bundesliga gegründet wurde, hatten die Teams aus Bayern die besten Trainingsbedingungen sowie die größten Talente, die Düsseldorfer das dickere Konto und die besseren Kontakte in die Wirtschaft.

Von großzügigen Spendern unterstützt, klauten sie den Kleinstädtern aus dem Süden regelmäßig die besten Spieler. Und selbst wenn sie wie im Fall der beiden Bad Tölzer Otto Schneitberger und Josef Reif von ihren alten Vereinen gesperrt wurden, kamen sie gern nach Düsseldorf. War hier doch glänzend für sie gesorgt. Mit Wohnungen und beruflichen Chancen. Schneitberger bildete sich zum Bauleiter fort, Reif zum Ingenieur. Als später auch Walter Köberle und Walter Stadler an die Brehmstraße wechselten, hatte der bayrische Landesverband endgültig genug und wollte seine Vereine dazu verpflichten, keine weiteren Spieler nach Düsseldorf zu verkaufen. Doch die dachten gar nicht daran, auf das Geld aus dem Westen zu verzichten.

Das alles passierte noch im halblegalen Raum. Und war auch kaum anders möglich. Bis weit in die 70er stemmten sich Vereine und Verbände gegen die Einführung einer Profiliga. Wer aber auf dem Niveau Eishockey spielte, hatte kaum Zeit, einen anderen Job auszuüben, der für den Lebensunterhalt reicht. So waren Handgelder, Prämien, Wohnungen, Autos und Scheinanstellungen bei Sponsoren oder sonstigen befreundeten Firmen an der Tagesordnung. Nicht nur bei der DEG. „Wir tragen alle karierte Westen, mit schwarzen und weißen Flecken“, fasste Landshuts Vorsitzender Rudolf Gandorfer das Gebaren im Eishockey der 70er zusammen.

Ganz ungelegen kam den Clubs der Amateurstatus allerdings nicht. Als gemeinnützige Vereine hatten sie Steuervorteile und bekamen öffentliche Zuschüsse für Hallenmieten oder Reisen. Die DEG hatte ihre Gemeinnützigkeit aber bereits eingebüßt, weil sie für all die unrechtmäßigen Zuwendungen Steuern nachzahlen musste.

Doch selbst als die Zeit der Schein-Amateure vorbei war, ging nicht alles mit rechten Dingen zu. Besonders in den 80er und 90er Jahren unter dem Vorsitz von Josef Klüh und Schatzmeister Rainer Gossmann, als sich die DEG laut dem „Spiegel“ zu „einer Art FC Bayern auf Kufen“ entwickelte und alles aufkaufte, was Talent hatte. Und das mit allen Tricks. So bekam Gerd Truntschka, der gemeinsam mit Dieter Hegen aus Köln zur DEG kam, ein zweites Gehalt als Repräsentant der Klüh-Gruppe. Die Konkurrenz schäumte.

Doch trotz der Erfolge und der dauerausverkauften Brehmstraße häufte die DEG immer mehr Schulden an. Mehrmals musste Klüh Etatlücken aus der Privatschatulle stopfen, suchte und fand immer neue Wege, um das Star-Ensemble zu finanzieren. Mit falsch abgerechneten Tickets und schwarzen Kassen. Dass es die sowie nicht versteuerte Sonderzahlungen an die Spieler gab, gestand Klüh Ende der 90er ein und zeigte sich selbst an. Gossmann saß gar einige Zeit in Untersuchungshaft, der Rest des Vorstands trat zurück. Plötzlich lag der so stolze Club am Boden, hatte zweistellige Millionen-Schulden und stand kurz vor der Insolvenz. Also ging es in die zweite Liga, wo der schrittweise Wiederaufbau begann.

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