Stadt schließt Unterkunft für Bedürftige

39 Bewohner müssen aus Obdach in Benrath ausziehen. Die Stadt will Ersatz finden — Streetworker bezweifeln, dass das geht.

Düsseldorf. Eigentlich müsste Sascha (39) seit zwei Wochen raus sein. Der schwer kranke Mann lebt seit fünf Jahren im städtischen Obdach an der Benrather Forststraße. Doch zum 31. Oktober wurde ihm und 38 weiteren Bewohnern gekündigt.

Er könne sich bei der Suche nach günstigem Wohnraum Unterstützung bei der Stadt holen — möge doch aber auch in die Annoncen der Tageszeitungen schauen, heißt es in dem Schreiben. Für Streetworker Oliver Ongaro von Fifty-Fifty ist es „ein Skandal“, dass die Stadt ausgerechnet vor dem Winter eine Unterkunft für Wohnungslose dichtmacht.

Hintergrund ist offenbar ein Zwist der Stadt mit dem Eigentümer des Hauses an der Forststraße. Man habe „keinen gemeinsamen Nenner gefunden“, sagt Michael Frisch vom Amt für Kommunikation. Deshalb wird der Mietvertrag der Stadt zum 31. Dezember gekündigt. „Das Amt für Gebäudemanagement wird den Bewohnern jetzt Ersatz anbieten“, kündigt Frisch jedoch an. „Unsere Kapazitäten reichen.“

Das bezweifelt Ongaro allerdings: „Die Stadt hat einfach nicht mehr genug eigene Liegenschaften.“ So blieben ausgerechnet die Schwächsten in der Gesellschaft auf der Strecke — was sich auch bei der Unterbringung von Asylbewerbern zeige. Über 1100 von ihnen sind inzwischen in der Landeshauptstadt.

Zuletzt wurden leerstehende Häuser der städtischen Wohnungsgesellschaft (SWD) für diese Menschen aus Syrien, Afghanistan oder den ehemaligen Gus-Staaten hergerichtet, doch immer mehr Flüchtlinge müssen dennoch in Hotels einquartiert werden. Mittlerweile sollen es über 200 sein. Für die Stadt ist das teuer — und den Flüchtlingen fehlt es an Betreuung und Beratung.

Jetzt verschärft sich der Mangel an städtischen Unterkünften weiter. Dass es für Sascha und die anderen Obdachlosen an der Forststraße bald eine Lösung geben wird, bezweifelt deshalb nicht nur Ongaro. Die Sozialarbeiter der Stadt bemühten sich bereits seit Monaten. „Aber ohne Wohnungen können sie auch nicht vermitteln.“ Auch Bemühungen von Fifty-Fifty scheiterten bislang. Bei der SWD etwa habe man ihn abgewiesen, mit dem Hinweis, für Bewohner einer städtischen Unterkunft sei nun einmal die Stadt zuständig, sagt Ongaro.

Die Zeit drängt. Schließlich ist das Mietverhältnis von Sascha und den anderen offiziell seit zwei Wochen beendet. Immerhin 240 Euro kalt zahlt das Jobcenter für die 19 Quadratmeter, die er und sein Mitbewohner sich teilen. Renoviert hat Sascha das kleine Zimmer selbst. „Man kann sich alles schön machen. Ich glaube, ich muss mich nicht schämen“, sagt er — obwohl ihn der Schimmel und die kaputten Fliesen im Gemeinschaftsbad auf dem Flur doch etwas stören.

Für ihn ist nur wichtig, dass er mit seinem Mitbewohner weiter zusammenbleiben kann. Sascha ist HIV-infiziert und leberkrank, sein Freund hat Multiple Sklerose — beide sorgen füreinander. „Sie können auf keinen Fall zurück auf die Straße“, sagt Streetworker Ongaro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort