Von der Werkstatt ins Büro: Neue Aufgaben für Behinderte

Die Krise spüren auch die Handwerker von der Werkstatt für angepasste Arbeit – und gehen jetzt in die moderne Dienstleistung.

Düsseldorf. In der Montagehalle zischt es, Metall schlägt aufeinander, an den Werkbänken wird geschraubt und gewerkelt. Mittendrin stehen Regale mit Kisten voller Arbeitsmaterial. Eine schier unendliche Menge an Schrauben, Muttern, Reifen ist darin verstaut.

Eine ganz normale Werkstatt eben. Mit einer Ausnahme, denn in der Reisholzer Halle arbeiten Menschen mit Behinderung. Der Standort der Werkstatt für angepasste Arbeit (wfaa) ist einer von acht in der Stadt.

Hier werden unter anderem Kinderfahrräder zusammengebaut. Wie auf eine Schnur gefädelt hängen die hellblauen und lilafarbenen 18-Zoll-Rahmen an einem Gestell, hier werden die Reifen montiert. Bis zu 150 Fahrräder werden pro Tag Schritt für Schritt komplett zusammengebaut und schließlich handelsfertig verpackt.

220 Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Im hinteren Bereich der Halle werden kleine Rutschautos montiert. In einer anderen Halle werden Kosmetikprodukte von großen Behältern in kleinere abgefüllt.

Die Krise geht auch an der wfaa nicht spurlos vorbei. Klassische Zulieferaufträge gehen zurück. "Wir versuchen diese Defizite durch mehr Aufträge im Dienstleistungsbereich auszugleichen", sagt Geschäftsführer Peter Josef Kleefisch.

Ein dicker Auftrag konnte bisher an Land gezogen werden: Standesamtsbücher der Stadt aus dem 19. Jahrhundert werden seit zwei Wochen im Bürotrakt des Betriebs digitalisiert. Insgesamt sind das 825 000 Scanvorgänge. 45 000 Euro kostet einer dieser speziellen Scanner, die die wfaa neu angeschafft hat. Eine Anschaffung, die sich lohnen wird, denn weitere Aufträge sind bereits in Sicht.

Eine weitere Abteilung im Dienstleistungsbereich erfasst Daten von Regelinsolvenzen und ordnet diese. "Eine der anspruchvollsten Aufgaben", weiß Produktionsleiter Christian Benski. Deshalb werden die zwölf Mitarbeiter auch regelmäßig geschult.

So üben die Mitarbeiter nicht stupide Tätigkeiten aus, sondern werden gezielt gefördert. "Wir versuchen die Menschen von den Stätten auf den regulären Arbeitsmarkt zu bringen", sagt Kleefisch. Das ist neu, und Praktika sollen das Sprungbrett bilden. Derzeit gibt es 68 Praktikanten der Werkstatt in Düsseldorfer Unternehmen.

Nicht nur die Arbeitsbereiche der Werkstätten verändern sich. Unter den Mitarbeitern ist ein starker Zuwachs von psychisch Kranken zu verzeichnen, die noch vor wenigen Jahren einen regulären Beruf hatten und "ganz normal" lebten. Auch die Zahl der schwerst mehrfach Behinderten in den Werkstätten zu.

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