Vor der Arbeit muss der Nikolaus erst mal in die Maske

Leuchtende Kinderaugen gab es beim Auftritt des Schutzpatrons in der Stadt. Die WZ hat ihm über die Schulter geschaut.

Düsseldorf. Der alte Mann nimmt es sich heraus, nur einen Tag im Jahr zu arbeiten, und dafür werden für ihn auch noch Lieder gesungen und Gedichte aufgesagt: Das schafft nur der Nikolaus. Und weil der eine Tag so voller Termine steckt, gibt es gleich mehrere Nikoläuse in der Stadt, die ein straffes Programm zu absolvieren haben.

Um viertel vor neun steigt die Aufregung bei den Kindern, die sich am Rheinufer versammelt haben. „Der kommt nicht mehr“, ruft ein kleiner Junge und zeigt anklagend auf das rote Schiff, das auf dem Rhein dümpelt. Dann aber setzt es sich in Bewegung, die Kinder jubeln, wenige Augenblicke später legt das Boot mit dem Nikolaus am Pier an. Sofort ist Dominikanerpater Wolfgang Sieffert, der unter dem Kostüm steckt, von einer Menschentraube umringt.

„Wir bringen jetzt erst den Streetworkern unsere Geschenke und dann geht es zum Oberbürgermeister“, sagt der Nikolaus und gibt die Route vor. Es folgt ein kurzer Stopp am Street-Mobil. Dort finden die von den Kindern beklebten Brottüten, in denen kleine Leckereien stecken, neue Besitzer. Danach nimmt Stadtchef Dirk Elbers sie in Empfang. Einmal in der Stimmung singen die Kinder ihm schnell zwei Lieder und bekommen zum Dank bunte Tüten überreicht. Der Bürgermeister grinst, der Nikolaus ist zufrieden und die Kinder strahlen — Teil eins ist geschafft.

Wenige Meter entfernt im Uerige sitzt ein weiterer Nikolaus über einem Teller Hühnersuppe. Das ist eine Tradition, an der Josef Schnitzler seit fast 35 Jahren, in denen er den Schutzpatron mimt, festhält. Es ist kurz vor zwölf und der ehemalige Uerige-Baas muss jetzt in die Maske. Dort, umgeben von unzähligen Farbkästen und viel Schminke, verbringt Schnitzler fast zwei Stunden. Erst wenn die Arbeit von Maskenbildnerin Jutta Ross perfekt ist, ist er zufrieden. Jetzt ist Schnitzler der Nikolaus.

Und was für einer. Als er um 15 Uhr zusammen mit seinen beiden Hans Muffs (Bernd Dohmen und Michael Treutlein) auf die Straße tritt, halten die Menschen inne, Kindermünder stehen offen, Erwachsene zücken ihre Kameras. Schnitzler sieht imposant aus.

Das findet auch Timo, der mit großen Augen vor ihm stehen bleibt. „Hast du denn ein Lied für mich?“, will Schnitzler wissen. „Heute nicht“, versucht der kleine Junge einen Kompromiss zu finden. Er ist sichtbar überrascht, mitten in der Stadt dem Nikolaus in die Arme gestolpert zu sein. Doch so schnell gibt Schnitzler nicht auf. Er besticht ihn mit einem Weckmann — und plötzlich klappt es auch mit dem Lied.

„Ich bin in der Rolle des Nikolaus völlig aufgegangen“, gibt der 74-Jährige zu. Für seinen Auftritt besorgt er sich jedes Jahr eine Kutsche, mit der er seine Runde durch die Altstadt und über die Kö dreht. Er winkt, wo Kinder sind, hält er an, hört sich Lieder an und verteilt Süßigkeiten.

„Mir geht es darum, ein Stück Tradition zu bewahren“, sagt Schnitzler über seine Motivation, sich den Stress immer wieder anzutun. Denn sein Arbeitstag, der natürlich auch eine Werbetour für das Uerige ist, dauert heute mindestens bis 22 Uhr. „Aber wenn wir dann abends zusammensitzen und es heißt, die Kinder waren zufrieden, dann haben wir unser Ziel erreicht“, sagt er.

Doch bei aller Tradition gibt es auch beim Nikolaus Innovationen — auch wenn man die nicht unbedingt sieht. „Ich habe in diesem Jahr zum ersten Mal ein langes Unterhemd an“, sagt Josef Schnitzler und grinst. Gegen Kälte ist halt auch der Nikolaus nicht immun.

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