Vorpremiere: ARD-Film „Nichts als die Wahrheit — 30 Jahre Die Toten Hosen“

„Nichts als die Wahrheit“: Der Film über 30 Jahre Tote Hosen bietet viele ungewöhnliche Einblicke und wurde im Savoy vorab gezeigt.

Düsseldorf. „Muss das sein? 30 Jahre lang jeden Tag ,Hier kommt Alex’“? Vom, der Schlagzeuger der Toten Hosen, guckt ganz unglücklich drein, als er vom Trainingseifer der Toten Hosen erzählt — und die Zuschauer im dicht besetzten Savoy lachen laut auf. Aber es stimmt: Zumindest teils fehlt das Talent, und die Hosen erarbeiten sich ihre Qualität hart, Bassist Andi versucht’s anfangs auch mit nur zwei Saiten. Bob Geldorf schwärmt von der Disziplin der Gruppe, und Campino berichtet von Proben ohne Licht. „Sonst schauen alle nur auf die Saiten ihrer Instrumente, statt ins Publikum zu blicken.“

Der Engländer Vom ist ein Scherzbold, der mehrfach an diesem Abend für Gelächter sorgt. Und zu lachen gibt es bei der Vorabpremiere des ARD-Films „Nichts als die Wahrheit — 30 Jahre Die Toten Hosen“ genug: die Band nur mit Badetüchern bekleidet nach einem Wohnzimmerkonzert für eine Urologie-Station. Oder Ex-Schlagzeuger Trini, der verrät: „Frauen kamen im Tourbus nicht in Frage — nur Groupies.“

Fehlende Maßstäbe kennzeichnen die ersten Jahre. Eric Friedler, einer der besten deutschen Doku-Filmer, zeigt alte Filmschnipsel, auf denen fleißig Drogen gezogen werden. Am Ende der Tourneen waren sie Wracks und Andi bekennt, er habe geglaubt, er werde der erste Tote der Band sein.

Irgendwie haben sie doch die Kurve bekommen und es ist spannend, wie Friedler die wichtigen Stationen präsentiert: psychologisch orientiert, nicht mit historischem Komplettheitsanspruch. Sicher, wir sehen die Hosen beim Undercover-Konzert in der DDR oder das Engagement gegen „Nazi-Terror“ („Sascha — ein aufrechter Deutscher “).

Berührender aber ist die Reaktion auf den Schock, als beim 1000. Konzert ein junges Mädchen stirbt. Oder die innere Machtverteilung. Campino ist der Anführer, „oder meinen Sie etwa ich?“, fragt lachend wieder einmal Vom. Der Sänger selbst will davon am liebsten gar nichts hören und verweist darauf, wie gut doch einfach alles läuft. Andi jedoch macht klar: „Wenn Campino weg ist, ist das wohl das Ende der Toten Hosen. Wenn ich weg bin, geht’s weiter.“

Im 30. Jahr sind sie erfolgreich wie nie — und gelassener. Wohl nur deswegen ließen sie Friedler so nah an sich ran. Einmal jedoch kommt Unmut auf: Als ihr alter Produzent Jon Caffery sagt, die Toten Hosen machten jetzt Pop. Da ist selbst Vom einmal kein fröhlicher Gentleman und flucht das „F“-Wort heraus.

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