Was die Stasi in Düsseldorf trieb

Experte beleuchtete die Aktivitäten 1988/89 bei einem Vortrag im Hauptmann-Haus.

Düsseldorf. „In NRW schlug das westliche Herz der Stasi“, sagt Helmut Müller-Enbergs, Wissenschaftler der Stasi-Unterlagenbehörde. Denn in keinem anderen Bundesland hatte der Staatssicherheitsdienst der DDR so viele Spione stationiert wie entlang von Rhein und Ruhr.

Und auch in Düsseldorf durchsetzte der Apparat Politik, Wissenschaft und Verwaltung mit seinen offiziellen und inoffiziellen Mitarbeitern. Von den Machenschaften der Stasi in der Landeshauptstadt erzählt Müller-Enbergs im Gerhart-Hauptmann-Haus.

Beinahe drei Dutzend Düsseldorfer spionierten zwischen 1988 und 1989 für das DDR-Ministerium. „Damit bildet Düsseldorf die Nummer drei in NRW hinter der damaligen Bundeshauptstadt Bonn und Köln“, sagt Müller-Enbergs.

Da ist zum Beispiel der Politologe mit dem Decknamen Richard in einer Fraktion des Düsseldorfer Landtags. Oder der Gewerkschaftssekretär Gaston aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Oder der Geschäftsführer einer Wirtschaftsvereinigung, Schraube genannt. Eine Liste, die noch lange fortgeführt werden kann.

Sie zu erstellen, kostete die Wissenschaftler, die sich mit der Aufarbeitung der Stasi-Aktivitäten beschäftigen, viel Zeit. Und Nerven. Zwar vernichtete der Sicherheitsdienst noch bis Ende Juni 1990 Akten über seine Mitarbeiter. Dennoch verbleibt ein Wust von Material, der sich über 111 Kilometer Länge erstreckt.

„Die Akten müssen Stück für Stück untersucht werden, man kann sich kaum vorstellen, was das bedeutet“, erklärt Müller-Enbergs, der auch den West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras, den Mörder des Studenten Benno Ohnesorgs, enttarnt hatte.

Unter den Zuhörern ist die Düsseldorfer Literatin Konstanze Petersmann. Sie stammt selbst aus der DDR, hatte damals fünf Jahre darauf gewartet, dass ihrem Antrag auf Ausreise stattgegeben wird. „Sie haben uns zappeln lassen“, erzählt sie.

Jetzt schreibt sie an einem Tagebuch, in dem sie die verschiedenen Stationen ihres Lebens festhalten will. Anregungen und Informationen dafür sucht sie am Samstag im Gerhart-Hauptmann-Haus.

„Die konkreten Zahlen und Statistiken interessieren mich“, sagt Petersmann. Und gleichzeitig erhofft sie sich, dass das kostbarste Gut zu ihr zurückkehrt: die Erinnerung.

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