Aktion Psychisch Kranke: Pflege zuhause - „Ohne Hilfe wäre ich aufgeschmissen“

Die Aktion Psychisch Kranke unterstützt Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen und versorgen möchten.

Krefeld. Die Erkrankungen des Mannes treffen das Ehepaar plötzlich und hart. Karl Friedrich Rathai hat eine Demenz-Erkrankung, die mit einer schweren Persönlichkeitsveränderung einhergeht. Hinzu kommt ein Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung. Er sitzt im Rollstuhl.

„Es war eine große Herausforderung für mich, mit dieser Situation — vor allem mit meinem plötzlich aggressiven Mann — fertig zu werden“, berichtet Ursula Rathai. „Ich wusste nicht, welche Hilfen ich in Anspruch nehmen kann und wie.“ Die in der Aktion Psychisch Kranke (APK) verbundenen Einrichtungen, besonders Mitarbeiter des Alexianer Krankenhauses, haben geholfen. „Ohne die Unterstützung dieser Menschen wäre ich aufgeschmissen gewesen“, sagt die Ehefrau.

Die Bonner Aktion Psychisch Kranke hat in Krefeld ein Modellprojekt für psychisch kranke alte Menschen ins Leben gerufen. Mit einem Expertenworkshop ist es im April 2012 an den Start gegangen. Mit dem vom Bundesministerium für Gesundheit finanzierten Projekt sollen exemplarisch „Handlungsempfehlungen zur Organisation und Finanzierung von Hilfen für psychisch kranke alte Menschen“ umgesetzt werden.

27 Krefelder Familien — darunter auch das Ehepaar Rathai — sind bisher angeschlossen. Weitere ambulante Patienten werden zur Teilnahme gesucht.

Das Ziel des Projektes erläutert APK-Geschäftsführer Ulrich Krüger: „Es ist die Optimierung von Hilfen für psychisch kranke alte Menschen, die zu Hause leben. Die Hilfen sollen individueller, flexibler und besser aufeinander abgestimmt werden.“ Die Schwierigkeiten seien bekannt, so Krüger weiter.

„Es gibt viele Angebote, aber sie sind schlecht verbunden. Menschen, die mehrere Hilfen brauchen, haben natürlich Probleme mit der Koordination. Das überschattet die Lebenssituation zusätzlich. Viele haben darüber hinaus Angst, die Kontrolle zu verlieren. Wir wollen Zuversicht schaffen.“

Die Versorgung von Senioren mit psychischen Beeinträchtigungen sei bereits jetzt nicht ausreichend und entspreche nicht durchgängig aktuellen Anforderungen an eine bedarfsgerechte und an den individuellen Bedürfnissen orientierte Hilfe. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird das in Zukunft noch schwieriger.

„Einerseits steigen die Zahlen hilfebedürftiger Menschen, andererseits stehen weniger jüngere Angehörige für Hilfeleistungen zur Verfügung“, so Krüger. Und weiter: „Es fehlen verbindlich koordinierte ambulante Leistungen. Das Problem kann und soll jedoch nicht durch den Ausbau von Heimkapazitäten gelöst werden.“

Die Verantwortlichen der APK möchten den Informationsfluss erweitern, Bezugspersonen schaffen, die die Koordination übernehmen und einen individuellen Hilfsplan für zu Hause erstellen. „Der Versuch ist spannend und erfolgreich angelaufen“, berichtet Krüger. „Die Akteure arbeiten gut zusammen.“

Krefeld ist als Modellstadt ausgesucht worden, da hier die Kooperation in diesem Bereich bereits gut funktioniert. „Das Netzwerk der Verantwortlichen von Stadt, Alexianer Krankenhaus und Pflegediensten ist gut, kann aber noch verbessert werden.“

Familie Rathai hat die Informationen bereits bekommen und verinnerlicht. Sie weiß, wie die Hilfen zu nutzen sind. „Es gibt den Bedarf für diese Koordination. Man muss wissen, dass es so etwas gibt“, sagt Ursula Rathai. Sie selbst ist mittlerweile so fit, dass sie ihre Erfahrungen weitergibt.

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