Die eigene Identität lebendig halten

In dem Heft „Die Heimat“ wird die Vergangenheit der Stadt und der Region zu einem Erlebnis. Das ist mehr als nur Lesestoff.

Krefeld. Karten, Bücher, alte Stiche: Das helle Balkonzimmer der Villa Merländer hat sich für einen Nachmittag in eine Gelehrtenstube verwandelt. All diese Publikationen über Krefeld und seine nähere Umgebung stammen vom Verein für Heimatkunde.

Da ist zum Beispiel der allererste Band der Zeitschrift "Die Heimat" aus dem Jahre 1921. Damals waren die Rheinlande französisch besetzt, den Menschen war ihre Identität eine Herzensfrage.

Zu finden ist dieser Band im Stadtarchiv an der Girmesgath, wie auch alle folgenden. Ganz nahtlos allerdings nicht - in den Kriegsjahren und kurz danach wurden keine Hefte veröffentlicht.

In diesem Jahr sind die Herausgeber stolz beim 80. Heft der "Heimat" angekommen. Es wird ein dickerer Band, der Ehrenvorsitzende Reinhard Feinendegen, der die Leitung kürzlich abgegeben hat, wird geehrt. Nachfolger Robert Claßen und die Schriftleiter Christoph Dautermann und Burkhard Ostrowski bereiten die Veröffentlichung vor.

Die Grenzen zwischen ihren Berufen und dem ehrenamtlichen Engagement für den Verein verwischen sich: Claßen ist hauptberuflich für die Volkshochschule tätig, Ostrowski für die NS-Forschungsstelle, Dautermann ist Museumsvize in Linn. Ihrer aller Beschäftigung mit Zeitgeschichte entspringt dem Gedanken, "dass man aus dem historischen Erfahrungsschatz etwas gewinnen kann", wie Dautermann formuliert. "Geschichte ist wichtig für die Identität", erklärt Burkhard Ostrowski.

In diesem Sinne werden auch die Texte für das Flaggschiff des Vereins zusammengestellt. "Die Macher sind die Autoren", sagt Dautermann, "und die Leser gehören zum Bildungsbürgertum der Stadt".

"Die Heimat" versammelt archäologische und naturwissenschaftliche Erkenntnisse, berichtet über den Denkmalpreis und den Niederrheinischen Literaturpreis; weiß Neues aus den Bereichen Stadtplanung und Landschaftsschutz; befasst sich mit Religion und Kunst; formuliert Firmenporträts. Sie schließt mit einem Jahresrückblick.

Doch damit ist die Arbeit des Vereins noch nicht getan. Für die Mitglieder-derzeit 847, Zuwachs erwünscht-werden Studienfahrten veranstaltet. Die Heimatkundler sorgen auch für den Druck von Kartenwerk, kümmern sich - manchmal mahnend - um die Denkmäler der Stadt. "Wir arbeiten eng mit dem Stadtarchiv zusammen", sagt der Vorsitzende Robert Claßen.

Wer Mitglied ist, bekommt für seinen Jahresbeitrag von 18 Euro das Heft - zumeist sogar nach Hause gebracht. Der Verein finanziert seine Projekte mit den Mitgliedsbeiträgen und bekommt auch Spenden.

Da allerdings schaut man etwas neidisch auf die Anfangszeiten, in denen Krefelder Unternehmer wie selbstverständlich vierstellige Reichsmark-Beträge für einzelne Projekte gaben.

Historiker blicken nicht nur zurück, sondern auch nach vorn: 2018 feiert der Verein sein 100-Jähriges. Und damit verbinden die drei Forscher ihre Vision eines stadtgeschichtlichen Museums. Christoph Dautermann: "Wir haben verschiedene Ideen, sind ganz offen, wünschen uns aber eine Vernetzung der historischen Einrichtungen der Stadt."

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