Drogenszene: Auf der Platte spricht man Russisch

Eine russische Kollegin unterstützt die zwei Streetworker seit Anfang des Jahres. Rund ein Viertel der Abhängigen sind Migranten.

Krefeld. "Wodka kommt bei uns wie ein Lebensmittel auf den Tisch. Doch wer Drogen konsumiert, der ist bald ’raus aus der Gesellschaft", sagt Svetlana Schabanova. Die 26-Jährige stammt aus Russland, "vom Schwarzen Meer". Sie ist verheiratet, studiert Sozialarbeit, lebt in Krefeld. Vor allem aber kennt sie sich mit den Gepflogenheiten ihrer Heimat aus. Als Streetworkerin ist sie eine große Hilfe für die Arbeit mit Drogenabhängigen auf Krefelds Straßen.

Denn der Anteil an Migranten habe sich stark erhöht, mache inzwischen schon gut ein Viertel aus. "Durch die Sprachbarriere wurde der Kontakt zu ihnen aber immer schwieriger für uns", berichtet Streetworkerin Sphya Mohamed. Die gelernte Arzthelferin kümmert sich seit zwei Jahren mit Thorsten Bahrfeck um die Drogenszene - unter anderem auf dem Theaterplatz. Gewachsen sei vor allem die Gruppe der russischsprachigen Migranten.

Wie sie sich von der deutschen Szene unterscheiden? "Sie haben einen stärkeren Familienverband, halten zusammen. Das merkt man auch im illegalen Bereich. Und sie sind verschwiegener, wodurch es schwieriger ist, ihr Vertrauen zu gewinnen", erklärt Mohamed. Schabanova nickt. Die Skepsis ihrer Landsleute gegenüber einem funktionierenden Hilfesystem kann sie nachvollziehen.

"Drogenhilfe war für mich selbst fremd. In Russland wird Drogensucht als Schande empfunden. Wer abhängig ist, gilt als asozial. Wer erwischt wird, bekommt einen Eintrag, über den der Arbeitgeber informiert wird. Drogensüchtige werden sogar gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen", sagt die junge Frau, die seit Jahresbeginn den Kontakt zur russischsprachigen Szene in Krefeld verbessert.

"Mit Svetlana im Team hat sich das Misstrauen ein wenig gelegt", sagt Bahrfeck mit Seitenblick auf das Grüppchen Russen, Kasachen und Usbeken auf dem Theaterplatz. Sie sitzen nach wie vor ein wenig abseits der anderen, die auf dem Mäuerchen unter den dichten Büschen miteinander plaudern. Doch wenn Schabanova vorbeischaut, wird sie umringt und lautstark ins russische Gespräch integriert.

Worüber man sich unterhalte? Schabanova lächelt höflich. "Das bleibt unter uns." Den Ruf als vertrauensvolle Kontaktperson musste sie sich hart erarbeiten. "Am Anfang haben die mich für eine Polizistin gehalten." Bahrfeck: "Die meisten haben eben schon negative Erfahrungen gemacht." Das Misstrauen rühre aber auch von den regelmäßigeren Kontrollen durch Polizei und Kommunalen Ordnungsdienst.

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