Eupener Zimmer: Wie kostbar ist dieser Schatz?

Das Zimmer aus dem Museum geht bald nach Belgien. Die Schenkung bleibt umstritten — auch in Fachkreisen.

Krefeld. Am Ende war die Geschichte Chefsache. Der Oberbürgermeister persönlich gab vor einigen Tagen grünes Licht für eine Schenkung, die auch bei seinen CDU-Parteifreunden höchst umstritten ist: Das barocke Eupener Zimmer wird in Kürze aus dem Kaiser-Wilhelm-Museum entfernt und nach Belgien gebracht.

Rund 100 Jahre war das Ensemble am Karlsplatz zu Hause, 1910 hatten die Bürger der Stadt es für 20 000 Mark erworben. Ins heutige Konzept des demnächst sanierten Museums passt es nicht mehr.

Wie gerufen kam deshalb das Angebot des Eupener Geschichts- und Museumsvereins, es als Schenkung zu übernehmen und am Ursprungsort auszustellen, in einem Patrizierhaus von 1744.

Bei den Politikern, die im Herbst darüber zu befinden hatten, sorgte das Ansinnen für ein mulmiges Gefühl. Darf man ein Zimmer, das ein Jahrhundert lang Teil des Museums war, einfach weggeben? Welchen ideellen und finanziellen Wert verschenkt die Stadt da? Zwar wurde am Ende zugestimmt, doch mit hörbarem Bauchgrimmen.

Seither ist es vor allem der Galerist Ralph Kleinsimlinghaus, der die Diskussion am Kochen hält. Er recherchiert in der Kunstszene, schreibt Mails und Briefe und fordert den Widerruf der Schenkung. Neben der kulturhistorischen Bedeutung des vom Architekten Johann Joseph Couven entworfenen Zimmers führt er den monetären Wert als Argument an. Er schätzt ihn auf „mindestens sechsstellig“.

So hoch greift Ingrid Gilgenmann vom Auktionshaus Lempertz in Köln nicht — sie taxiert den Wert eher auf 50 000 Euro. Allerdings sei das nur der Auktionsansatz, der tatsächliche Kaufpreis könne deutlich darüber liegen, wenn man das Objekt international anbiete: „Es gibt definitiv einen Markt dafür“, sagt die Sachverständige. „Die Verkaufswahrscheinlichkeit ist hoch.“

Unverständlich findet die Expertin, die rund 10 000 Objekte pro Jahr schätzt, dass die Stadt das Ensemble verschenkt: „Das geht gar nicht“, sagt Gilgenmann, die 25 Jahre in Krefeld gelebt hat und das Eupener Zimmer gut kennt. „Da schmeißt die Stadt Geld zum Fenster raus.“ Auf Anfrage wäre sie gern nach Krefeld gekommen und hätte den Wert gutachterlich genau taxiert: „Das machen wir in der Regel kostenlos.“

Gilgenmann hält es allerdings für grundsätzlich falsch, kulturhistorische Schätze wie das Eupener Zimmer wegzugeben: „Da werden Stücke, die zu Krefelds Identität gehören, stillschweigend entsorgt. Der alte Bestand wird nicht richtig wertgeschätzt.“

Stephan Brunnert, Restaurator

Das sieht Stephan Brunnert weniger dramatisch. Der Sprecher des Verbands der Restauratoren in NRW hält es für sinnvoll, Stücke abzugeben, die nicht mehr ins museale Konzept passen. „Bevor man solche Werke einlagert und damit der Öffentlichkeit entzieht, sollte man sie lieber weitergeben.“ Im Depot seien sie viel eher vom Verfall bedroht. Die Schenkung wertet Brunnert allerdings ebenfalls kritisch: „Eine Dauerleihgabe wäre sinnvoller. Dann behält die Stadt den Daumen drauf.“

Laut Museumschef Martin Hentschel wäre diese Option jedoch nicht infrage gekommen. „Das Risiko wäre für den Ausleihenden zu groß“, erklärt Hentschel. Er schätzt die Gesamtkosten für Abbau, Transport und Einbau des Zimmers auf 50 000 Euro. Dies entspräche dem von Gilgenmann taxierten Gesamtwert des Ensembles, den Museumschef Hentschel für realistisch hält.

Einen Verkauf lehnt er dennoch strikt ab. „In diesem Fall verschwindet das Zimmer an einem Ort, der nicht zugänglich ist. So bleibt es erhalten — und zwar in erreichbarer Nähe zu Krefeld.“

Dies bestätigt Heinz Godesar, Vorsitzender des Eupener Museumsvereins. Zwar ist das Patrizierhaus Grand-Rys, die neue Heimat des Zimmers, in Privatbesitz. Doch die Eigentümer, die im Schreinerhandwerk tätig sind und das Ensemble auch restaurieren wollen, haben sich im Leihvertrag zu regelmäßigen Öffnungszeiten verpflichtet. Gekauft hätten sie das Zimmer wohl nicht. „Und auch wir als Verein hätten dafür niemals das Geld gehabt“, sagt Godesar.

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