Interview mit Caritas für Flüchtlinge Fall Adnan Harb: „Türkisches Register fehlerhaft“

Angelika Kleinschmidt von der Caritas verfolgt seit Jahren die Odyssee der Familie Harb.

Interview mit Caritas für Flüchtlinge: Fall Adnan Harb: „Türkisches Register fehlerhaft“
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Vor fünf Tagen ist Adnan Harb in die Türkei abgeschoben worden. Seine Familie weiß nicht, wie es ihm dort derzeit ergeht. Das Gericht hat für Adnan Cetin eine dreijährige Einreisesperre verhängt. Das ist der Name auf der Akte, unter dem die Krefelder Ausländerbehörde ihn seit 2006 führt. Wenn er seine libanesische Herkunft beweisen und damit den möglichen Fehler der hiesigen Verwaltung belegen kann, könnte er wieder einreisen. Das hofft zumindest Angelika Kleinschmidt, Beraterin der Caritas für Flüchtlinge und gleichzeitig Vorsitzende der Ausländerrechtlichen Beratungskommission. Im Gespräch mit der WZ legt sie nun die Fakten auf den Tisch.

Der Oberbürgermeister, Herr Cyprian und die CDU betonen, dass sie in dem Fall von Adnan Harb nicht das Recht haben beugen können. Was ist Ihre Meinung dazu?

Angelika Kleinschmidt: Die Verwaltungsspitze hätte viel früher eingreifen können, als sie merkte, dass sich zwischen Ausländerbehörde und der Familie Harb etwas anbahnt. Seit 2009 beschäftigt sich bereits die Ausländerrechtliche Beratungskommission (ABK) mit den Problemen. Es ist einer unserer ersten Fälle in der Kommission gewesen.

Die Familie lebt seit über 30 Jahren in Krefeld. Womit haben die Schwierigkeiten begonnen?

Kleinschmidt: 2006 ging das los. In den Jahren zuvor war ihr Asylverfahren zwar abgelehnt worden, aber sie lebten hier mit einer Aufenthaltsbefugnis als libanesische Kriegsflüchtlinge. 1988 hatten die Eheleute Harb auf dem Standesamt in Oppum geheiratet. Diese Eheschließung ist unter dem Namen Harb ebenso beurkundet wie die standesamtlichen Geburtsanzeigen ihrer drei Kinder. Dann tauchten in Deutschland, und damit auch in Krefeld, erstmals türkische Registerauszüge über kurdische Flüchtlinge auf. Darin enthalten ist eine Geburtsurkunde auf den namen Adnan Cetin mit seinem angeblichen Fingerabdruck.

Haben Sie Zweifel an diesen Auszügen?

Kleinschmidt: Sie sind fehlerhaft, das ist bewiesen. Der Fingerabdruck stammt nicht von Adnan Harb oder seinem Vater. Sein damaliger Anwalt hat die Fingerabdrücke vergleichen lassen. Auch sind in dem Register alle Geschwister von Adnan Harb mit dem selben Geburtsdatum eingetragen worden, obwohl sie nachweislich keine Zwillinge oder Drillinge sind. Doch damit nicht genug: Auch die Mutter von Frau Harb hat einen Eintrag. Danach ist sie von der Türkei ausgebürgert worden, weil sie sich geweigert habe, Militärdienst zu leisten. Allerdings gingen die Behörden davon aus, dass ihre Mutter ein Mann sei. Darüber ist die Krefelder Ausländerbehörde 2006 informiert worden.

Hat sich daraufhin etwas geändert?

Kleinschmidt: Nein, im Gegenteil. Von nun an hat man ihm hier gesagt, er sei Türke, habe die Behörden betrogen und das Aufenthaltsrecht als libanesischer Flüchtling erschleichen wollen. Damals kam die Familie erstmals auf der Suche nach Hilfe zur Beratungsstelle für Flüchtlinge der Caritas. Die Stadt Krefeld hatte Adnan Harb den Aufenthaltstitel entzogen und Strafanzeige wegen Erschleichung des Titels gestellt.

Und wie ist das ausgegangen?

Kleinschmidt: Er ist im Jahr 2009 vom Krefelder Amtsgericht von dem Vorwurf freigesprochen worden. Die Ausländerbehörde hat ihn als Adnan Cetin sowie seine Familie danach nur noch geduldet und bei jeder Vorsprache aufgefordert, türkische Pässe vorzulegen. Sein Versuch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, wieder den Namen Adnan Harb zu erlangen, ist gescheitert.

Hat die Familie versucht, über die türkischen Behörden ihre Herkunft zu klären oder die von der Ausländerbehörde geforderten türkische Pässe zu beschaffen?

Kleinschmidt: Ja, der mittlere Sohn. Der hat sich im Juli 2014 zunächst schriftlich und per Einschreiben sowohl an das türkische Innenministerium als auch das Generalkonsulat gewandt. Nach einer längeren Zeit teilte ihm das Konsulat mit, welche zahlreichen Unterlagen er dazu vorlegen müsse. Die hat er gemeinsam mit seiner Mutter im vergangenen Dezember in Düsseldorf vorgelegt, ist dort aber sehr unfreundlich abgefertigt worden mit den Worten, was er dort wolle, sein Vater sei nirgendwo registriert. All das ist dokumentiert und der Ausländerbehörde schriftlich von mir mitgeteilt worden. Die zuständige Sachbearbeiterin hat jedoch in ihrem Schreiben an das Verwaltungsgericht im März 2015 geschrieben, das eine eigene Mitwirkung der Kinder vollständig ausgeblieben ist. Das ist schlicht gelogen.

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